Eine Frau trauert an der Gedenk- und Grabstätte für die Opfer des Völkermords von Srebrenica im bosnischen Dorf Potocari. © Armin Durgut / AP Picturedesk
Eine Frau trauert an der Gedenk- und Grabstätte für die Opfer des Völkermords von Srebrenica im bosnischen Dorf Potocari. © Armin Durgut / AP Picturedesk
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Srebrenica: 30 Jahre nach Genozid noch immer fast 1.000 Menschen vermisst

10. Juli 2025

Anlässlich des 30. Jahrestags des Genozids von Srebrenica, bei dem Soldaten der Republika Srpska (Vojska Republike Srpske – VRS) mehr als 8.000 bosnisch-muslimische Männer und Jungen töteten, warnt Amnesty International vor einer Leugnung des Völkermords und erinnert daran, dass immer noch beinahe 1.000 Menschen vermisst und unzählige Verfahren anhängig sind.

Im Juli 1995 griffen Streitkräfte der Armee der Republika Srpska (Vojska Republike Srpske – VRS) Srebrenica in Bosnien und Herzegowina an, das als „Schutzzone“ der Vereinten Nationen ausgewiesen war. Am 10. und 11. Juli 1995 wurden mehr als 8.000 bosnisch-muslimische Männer und Jungen von VRS-Soldaten gefangen genommen und später getötet, trotz der Anwesenheit von UN-Friedenssicherungskräften.

Der Internationale Gerichtshof erklärte das Massaker von Srebrenica 2007 zu einem Völkermord. Während bisher die Leichen von mehr als 7.000 Menschen exhumiert, identifiziert und bestattet wurden, gibt es immer noch mehr als 1.000 Personen, die vermisst werden oder deren Identität noch nicht geklärt wurde. Ungeachtet der strafrechtlichen Verfolgung hochrangiger Figuren wie Ratko Mladic und Radovan Karadžić sind immer noch unzählige Verfahren vor den Gerichten in Bosnien und Herzegowina anhängig.

Im Mai 2024 hat die UN-Generalversammlung beschlossen, den 11. Juli zum Internationalen Tag des Gedenkens an den Völkermord in Srebrenica zu erklären.

Familien warten immer noch auf Antworten

„Wir begehen diesen Anlass mit Ehrfurcht und wahren das Andenken der Opfer. Gleichzeitig zollen wir auch ihren Familien und Organisationen wie den Müttern von Srebrenica Tribut, die sich in den letzten drei Jahrzehnten unermüdlich für Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung eingesetzt haben,“ sagt Dinushika Dissanayake, stellvertretende Regionaldirektorin für Europa bei Amnesty International, und sagt weiter:

„Zwar sind viele der Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen worden, doch der Jahrestag erinnert uns schmerzhaft daran, dass noch immer beinahe 1.000 Menschen vermisst werden, die vermutlich 1995 in Srebrenica getötet wurden. Ihre Familien haben immer noch keine Antworten erhalten und sind nicht in der Lage, ihre Angehörigen zu bestatten und mit dem Geschehenen abzuschließen.“ 

Diese Familien, die nach wie vor mit diesem Trauma zu kämpfen haben, müssen nun erleben, wie in Teilen der Region hochrangige Regierungsangehörige neue Versuche unternehmen, die Verbrechen zu leugnen und Personen zu verherrlichen, die wegen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt worden sind.

Dinushika Dissanayake, stellvertretende Regionaldirektorin für Europa bei Amnesty International

„Die Leugnung des Völkermords ist nicht nur zutiefst beleidigend für die Opfer und ihre Familien, sondern läuft auch den Entscheidungen internationaler Gerichte zuwider, die zweifelsfrei festgestellt haben, dass die in Srebrenica begangenen Taten als Völkermord zu betrachten sind,“ so Dinushika Dissanayake.