Der Versuch, Stimmen des Widerstands zum Schweigen zu bringen
Ich habe miterlebt, wie sich die Pride zur größten Demonstration gegen Premierminister Viktor Orbán entwickelt hat. Seit er an die Macht gekommen ist und damit begonnen hat, den Schutz der Menschenrechte abzubauen, ist die Pride zu einem Ort geworden, an dem sich eine Vielzahl von Organisationen zu einem jährlichen Protest zusammenfinden. Sie ist zu einem gemeinsamen Ort des Widerstands geworden.
Doch dieses Jahr hat Ungarn versucht, diese Stimmen zum Schweigen zu bringen. Durch eine Änderung des Gesetzes über die Versammlungsfreiheit erlaubt das ungarische Parlament nun das Verbot von Versammlungen, die „der moralischen Entwicklung von Minderjährigen entgegenstehen“. An nur einem Tag – am 17. März eingebracht und am 18. März verabschiedet – hat das Parlament die Grundrechte radikal beschnitten. Es nahm vage Formulierungen an, die sich direkt an das sogenannte “Gesetz gegen Homosexuellen-Propaganda" in Russland aus dem Jahr 2013 anlehnen und eine willkürliche Zensur von Demonstrationen zur Unterstützung der Rechte von Menschen aus der LGBTQIA+ Community ermöglichen, einschließlich friedlicher Demonstrationen wie der Pride.
Das mit 136 Stimmen angenommene Gesetz geht sogar so weit, dass es den Einsatz von Gesichtserkennungstechnologie zur Identifizierung von Teilnehmer*innen an jetzt verbotenen Veranstaltungen erlaubt. Dies stellt eine ernsthafte Bedrohung für die Privatsphäre dar und schürt Ängste. Das Gesetz sieht außerdem Geldstrafen von bis zu 500 Euro vor – eine beträchtliche Summe, wenn man bedenkt, dass der monatliche Mindestlohn in Ungarn 707 Euro beträgt und die Inflation zu den höchsten in Europa gehört.
Außerdem drohen den Organisator*innen verbotener Veranstaltungen strafrechtliche Verfolgung und bis zu einem Jahr Gefängnis. Die neue Gesetzgebung erweitert auch die Umstände, unter denen die Polizei vorher angemeldete Versammlungen auflösen kann. Kurz vor dem 30. Jubiläum der Budapest Pride wirft dieses schädliche Verbot das Land um drei Jahrzehnte zurück.
Eine bewusste politische Strategie