Wie Flucht lebenswichtige Versorgung blockiert
Dr. Maarouf beschrieb den erbarmungslosen Kreislauf der Unterernährung und erklärte, dass in einigen Fällen Kinder nach ihrer Entlassung erneut ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten:
„Wir haben ein kleines Mädchen im Alter von sechs Jahren wegen eines Hungerödems behandelt. Als sie Anfang Mai zu uns kam, litt sie unter schwerem Eiweißmangel; nach der Behandlung verbesserte sich ihr Zustand, sie nahm zu und wurde lebhafter... Leider wurde sie vor Kurzem wieder ins Krankenhaus gebracht, weil sich ihre Gesundheit wieder verschlechtert hatte. Wie die meisten Familien in Gaza ist auch ihre Familie auf der Flucht; sie lebt in einem Zelt und ist auf die Linsen oder den Reis angewiesen, die von der Gemeinschaftsküche ausgegeben werden. Es ist ein Teufelskreis. Ohne die nötigen Hilfslieferungen haben wir im Krankenhaus das Gefühl, dass wir die Wunde nur notdürftig flicken können, bevor sie irgendwann wieder aufbricht.“
Ärzt*innen mahnen zudem, dass das Leben von Neugeborenen auf dem Spiel steht, da ein akuter Mangel an Milchnahrung herrsche, insbesondere für Kinder mit Laktoseintoleranz und anderen Allergien. Ein Arzt sagte: „Im Gazastreifen fehlt es allgemein an Milch. Außerdem stellen wir fest, dass Mütter nicht in der Lage sind zu stillen, entweder weil sie selbst nicht genug zu essen haben oder weil sie konstant Panik, Trauma und Angst ausgesetzt sind. Es ist also schwierig, überhaupt an Babynahrung zu kommen. Und wenn ein Kind noch dazu Allergien hat, dann ist es fast unmöglich, in einem der Krankenhäuser Spezialnahrung aufzutreiben. Für Säuglinge kann das den Tod bedeuten.“
Im Nasser-Krankenhaus in Chan Yunis im südlichen Gazastreifen bestätigte Dr. Wafaa Abu Nimer die katastrophale Lage und berichtete, dass am 30. Juni 2025 allein in ihrer Klinik neun Kinder wegen Komplikationen im Zusammenhang mit Unterernährung behandelt wurden. Sie beschrieb die Situation der vergangenen beiden Monate als „wirklich beispiellos“, mit schweren Fällen von Hungerödemen und Marasmus (Muskelschwund). Dr. Abu Nimer fügte hinzu, dass manche Kinder zusätzlich Verletzungen durch Explosionen aufwiesen, die noch nicht geheilt seien.
Die Ärztin gab an, dass seit Beginn des neuen israelischen Hilfsprogramms keine Verbesserung aufgetreten sei und dass täglich Hunderte Kinder in der Notaufnahme auf Anzeichen von Unterernährung untersucht würden.Da im Mai die Bewohner*innen des Gouvernements Chan Yunis massenhaft vertrieben wurden, ist das Nasser-Krankenhaus nun für Tausende vertriebener Familien nicht mehr erreichbar.