Südkorea: Demonstrant*innen fordern nach der Verhängung des Kriegsrechts die Abdankung von Präsident Yoon Suk-yeol. © Anthony Wallace/AFP via Getty Images
Südkorea: Demonstrant*innen fordern nach der Verhängung des Kriegsrechts die Abdankung von Präsident Yoon Suk-yeol. © Anthony Wallace/AFP via Getty Images
jahresbericht

Amnesty International Jahresbericht 2024/25

2024: AUTORITÄRE REGIME BRACHTEN MENSCHENRECHTE UND INTERNATIONALE ORDNUNG IN BEDRÄNGNIS

Das Jahr 2024 war weltweit von Menschenrechtsverletzungen geprägt. Zu beobachten waren insbesondere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht in bewaffneten Konflikten, Angriffe auf Meinungsäußerungsfreiheit und Pressefreiheit, Diskriminierung, wirtschaftliche Ungleichheit, Klimaungerechtigkeit und der Missbrauch von Technologie. Insbesondere mächtige Staaten untergraben die regelbasierte Weltordnung weltweit, und autoritäre Praktiken sind auf vielen Kontinenten weiterhin auf dem Vormarsch.

Bewaffnete Konflikte: Kriegsverbrechen und Genozid

In der Ukraine, im Sudan, Myanmar und besonders im Gazastreifen verübten Konfliktparteien schwere Kriegsverbrechen: Israels Vorgehen im Gazastreifen wurde vielfach als Genozid eingestuft, unter anderem von Amnesty International. Mit mehr als elf Millionen Binnenvertriebenen war der Sudan Schauplatz der größten Vertreibungskrise weltweit. In der Ukraine setzte das russische Militär seine Angriffe mit Raketen und Drohnen auf die Zivilbevölkerung und die zivile Infrastruktur fort.

Autoritäre Politik und massive Einschränkungen der Grundrechte

Mindestens 21 Staaten brachten Gesetze oder Gesetzesentwürfe ein, die auf die Unterdrückung der freien Meinungsäußerung oder ein Verbot von Medienunternehmen abzielten. NGOs, Parteien und Aktivist*innen wurden verboten, festgenommen oder Opfer des Verschwindenlassens. Auch die Gewalt gegen Medienschaffende erreichte ein Höchstmaß: 124 Journalist*innen wurden getötet, fast zwei Drittel davon Palästinenser*innen.

Auch in Österreich gerieten die Meinungs- und Versammlungsfreiheit im vergangenen Jahr in Bedrängnis. Zunehmend wurde versucht, bestimmte Formen des friedlichen Protests behördlich zu unterbinden: Das Palästina-Protestcamp an der Universität Wien wurde rechtswidrig aufgelöst. Und gegen Klimaaktivist*innen wurden erstmals ohne vorhergehende Gerichtverfahren primäre Freiheitsstrafen verhängt.

Multiple Krisen, die sich gegenseitig verstärken

Gleichzeitig entfaltete sich die Klimakrise mit tödlichen Hitzewellen, Überschwemmungen, Bränden und Dürrekatastrophen. Erstmals lag die globale Durchschnittstemperatur mehr als 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau.

Die Mischung aus Armut, Konflikten und Umweltzerstörung trieb schätzungsweise 110 Mio. Menschen in die Flucht. Statt die Ursachen zu bekämpfen, setzten viele Regierungen auf rassistische Hetze und gewaltsame Zurückweisungen an den Grenzen, oft unter Missachtung richterlicher Entscheidungen.

Besonders unter Druck: Frauen & reproduktive Rechte

In Afghanistan wurden Frauen und Mädchen Bildung, Arbeit und öffentliche Teilhabe vollständig verwehrt, Demonstrantinnen wurden inhaftiert oder Opfer des Verschwindenlassens. Im Iran ging die Repressionswelle mit neuen Verschleierungsgesetzen, Auspeitschungen und exorbitanten Geld- und Gefängnisstrafen weiter. Staatliche Kräfte und Bürgerwehren, die Frauen und Mädchen aufgrund von „Verstößen“ tätlich angreifen, bleiben weiterhin ungestraft.

Das Recht auf Schwangerschaftsabbruch geriet weltweit zunehmend unter Druck. Meta und TikTok zensierten in den USA Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen. Vielerorts wurden auch die Rechte von LGBTQIA+ Personen beschnitten und geschlechtsspezifische und sexualisierte Gewalttaten stiegen weiter an.

Trotz enormer Herausforderungen ist die Demontage der Menschenrechte keinesfalls unausweichlich

Schon immer hat es in der Geschichte mutige Menschen gegeben, die sich erfolgreich gegen autoritäre Praktiken aufgelehnt haben. Und so stemmten sich auch 2024 weltweit unzählige Menschen gegen Unrecht und Unterdrückung. Auch an den Wahlurnen wurde den autoritären Entwicklungen vielerorts eine Absage erteilt.

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2024

Das Jahr in Bildern

  • Afghanistan Taliban Frauen Burka 305643 C WAKIL KOHSARAFP Via Getty Images 2026 03 24

    Bewaffnete Angehörige der Taliban hinter einer Frau in Burka auf einem Markt im Bezirk Baharak in der Provinz Badakhshan. Foto: Wakil Kohsar, AFP via Getty Images

    Afghanistan (1/20)
  • Armenien: Versammlung zum Gedenken an den Völkermord an den Armenier*innen © Anthony Pizzoferrato/Middle East Images/AFP via Getty Images

    Versammlung zum Gedenken an den Völkermord an den Armenier*innen. Foto: Anthony Pizzoferrato/Middle East Images/AFP via Getty Images

    Armenien (2/20)
  • Bangladesch: Regierungskritische Demonstrant*innen besetzen den Palast von Premierministerin Sheikh Hasina in Dhaka. © K M Asad/AFP via Getty Images

    Regierungskritische Demonstrant*innen besetzen den Palast von Premierministerin Sheikh Hasina in Dhaka. Foto: K M Asad/AFP via Getty Images

    Bangladesch (3/20)
  • Chile: Ein Demonstrant beim Marsch für den Widerstand der Mapuche und aller indigenen Völker. © Javier Torres, AFP Via Getty Images

    Ein Demonstrant beim Marsch für den Widerstand der Mapuche und aller indigenen Völker. Foto: Javier Torres, AFP Via Getty Images

    Chile (4/20)
  • Ecuador:  Soldaten und Insassen der Haftanstalt Manabi N4 im Juni 2024 © Gerardo Menoscal/AFP via Getty Images

    Soldaten und Insassen der Haftanstalt Manabi N4 im Juni 2024. Foto: Gerardo Menoscal/AFP via Getty Images

    Ecuador (5/20)
  • © MARVIN RECINOS, AFP Via Getty Images

    Angehörige der LGBTQIA+ Community beim Pride March in San Salvador. Foto: Marvin Recinos, AFP Via Getty Images

    El Salvador (6/20)
  • © OMAR AL QATTAA, AFP Via Getty Images

    Anwohner*innen zwischen den Trümmern beschädigter Gebäude in Gaza-Stadt entlang. Foto: Omar Al Qattaa, AFP via Getty Images

    Gaza (7/20)
  • Georgien: Eine Frau hält bei einem Protest gegen die Ergebnisse der Parlamentswahlen eine rote Rose und eine georgische Flagge in die Höhe. © Vano Shlamov/AFP via Getty Images

    Eine Frau beim Protest gegen die Ergebnisse der Parlamentswahlen. Foto: Vano Shlamov/AFP via Getty Images

    Georgien (8/20)
  • © privat

    Sicherheitskräfte sind mit Motorrädern, Vans und Lastwagen auf den Straßen des Iran unterwegs, um die Zwangsverschleierung durchzusetzen. Foto: privat

    Iran (9/20)
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    Tausende nehmen an einer landesweiten Großdemonstration „Non una di meno - Nicht eine weniger“ teil, um gegen männliche Gewalt gegen Frauen zu protestieren. Foto: Giuseppe Ciccia/Pacific Press/Lightrocket via Getty Images

    Italien (10/20)
  • © Alfredo Zuniga/AFP via Getty Images

    Mediziner*innen protestieren gegen Menschenrechtsverletzungen und die Resultate der Präsidentschaftswahlen. Foto: Alfredo Zuniga/AFP via Getty Images

    Mosambik (11/20)
  • © STR/AFP Via Getty Images

    Durch einen Luftangriff zerstörte Unterkünfte in einem Lager für Binnengeflüchtete in der Nähe der Stadt Pekon. Foto: STR/AFP Via Getty Images

    Myanmar (12/20)
  • © Boureima Hama/AFP via Getty Images

    General Abdourahamane Tiani vor Tausenden von Menschen im Stadion von Niamey, zur Feier des ersten Jahrestags seiner Machtübernahme nach dem Putsch 2023. Foto: Boureima Hama/AFP via Getty Images

    Niger (13/20)
  • © MARTIN BERNETTI/AFP Via Getty Images

    Mitglieder des indigenen Volks der Kuna werden von der Insel Carti Sugtupu auf das Festland evakuiert, weil ihre Heimat vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen ist. Sie sind die ersten Klimavertriebenen Panamas. Foto: Martin Bernetti/AFP via Getty Images

    Panama (14/20)
  • © WOJTEK RADWANSKI AFP Via Getty Images

    Eine Frau bei einer Demonstration nach der Ablehnung der Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen durch das Parlament. Sie hält ein Plakat mit der Aufschrift „Schwangerschaftsabbruch auf Verlangen“ in die Höhe. Foto: Wojtek Radwanski/AFP via Getty Images

    Polen (15/20)
  • © AFP via Getty Images

    Zerstörung durch den Konflikt zwischen der sudanesischen Armee und den paramilitärischen RSF auf einem Viehmarkt in al-Fasher, Bundesstaat Nord-Darfur. Foto: AFP via Getty Images

    Sudan (16/20)
  • © OZAN KOSE/AFP via Getty Images

    Menschen feiern auf dem Saadallah al-Jabiri-Platz in Aleppo den Sturz von Präsident Baschar al-Assad und das Ende der fünf Jahrzehnte Herrschaft der Baathisten im Land. Foto: Ozan Kose/AFP via Getty Images

    Syrien (17/20)
  • Südkorea: Demonstrant*innen fordern nach der Verhängung des Kriegsrechts die Abdankung von Präsident Yoon Suk-yeol. © Anthony Wallace/AFP via Getty Images

    Demonstrant*innen fordern nach der Verhängung des Kriegsrechts die Abdankung des südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk-yeol. Foto: Anthony Wallace/AFP via Getty Images

    Südkorea (18/20)
  • © John Moore/Getty Images

    Migrant*innen warten nach dem Überqueren der Grenze zwischen den USA und Mexiko auf den Weitertransport. Foto: John Moore/Getty Images

    USA (19/20)
  • Ukraine: „Mauer des Gedenkens an die Gefallenen der Ukraine“ in der Kiewer Innenstadt © Roman Pilipey, AFP Via Getty Images

    „Mauer des Gedenkens an die Gefallenen der Ukraine“ in der Kiewer Innenstadt. Foto: Roman Pilipey, AFP Via Getty Images

    Ukraine (20/20)

Die Demontage der Menschenrechte keinesfalls ist unausweichlich. Schon immer hat es in der Geschichte mutige Menschen gegeben, die sich erfolgreich gegen autoritäre Praktiken aufgelehnt haben. Auch 2024 stemmten sich weltweit unzählige Menschen gegen Unrecht und Unterdrückung. Auch an den Wahlurnen wurde dem autoritären Gedankengut vielerorts eine Absage erteilt. Deswegen ist klar: Egal, wer uns im Wege steht, wir werden Widerstand leisten gegen die rücksichtslose Gier nach Macht und Profit, die unzählige Menschen ihrer Rechte berauben will. Unsere breite, unerschütterliche Bewegung wird stets vereint für die Würde und die Menschenrechte aller einstehen.

Agnès Callamard, internationale Generalsekretärin von Amnesty International

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