Auf der Konferenz der Vertragsstaaten fordert Amnesty International die Mitgliedstaaten des Römischen Statuts auf, dafür zu sorgen, dass der IStGH mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet wird, um wirksame Ermittlungen zu völkerrechtlichen Verbrechen, einschließlich Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wie z.B. die Verfolgung von Frauen, durchführen zu können. Dazu gehören die Verbrechen gegen Frauen und Mädchen, die schiitischen Hazara oder andere religiöse Minderheiten sowie die im Zusammenhang mit den bewaffneten Konflikten in Afghanistan vor und nach der Machtübernahme der Taliban im Jahr 2021 begangen wurden. Angesichts der großen Herausforderungen bei den Ermittlungen in Afghanistan müssen sich die Mitgliedstaaten verpflichten, dabei ihre Zusammenarbeit mit dem IStGH in Afghanistan zu verstärken.
Außerdem muss der IStGH mit angemessenen finanziellen und technischen Mitteln ausgestattet werden, damit die afghanischen Betroffenen ihre Rechte vor dem Gerichtshof sinnvoll und wirksam wahrnehmen können.
Auch wenn der IStGH für die Gewährleistung der Rechenschaftspflicht in Afghanistan von entscheidender Bedeutung ist, sind ergänzende Bemühungen wie die Sammlung und Sicherung von Beweismaterial für künftige Rechenschaftsprozesse und Strafverfolgungen auf nationaler Ebene in Afghanistan von entscheidender Bedeutung. Insbesondere Staaten, die dem Römischen Statut beigetreten sind, sollten solche ergänzenden Bemühungen unterstützen. Dies kann unter anderem durch die Ausübung der universellen Gerichtsbarkeit und durch die Unterstützung der Einrichtung eines unabhängigen internationalen Rechenschaftsmechanismus geschehen, beispielsweise im Rahmen des UN-Menschenrechtsrats.
Auf heftige Kritik war 2021 die Entscheidung des Chefanklägers gestoßen, Ermittlungen zu Verbrechen, die vom US-Militär und der CIA sowie den ehemaligen afghanischen Nationalen Sicherheitskräften (ANSF) begangen worden sein sollen, zurückzustellen.
Diese Entscheidung des Chefanklägers könnte dazu beitragen, dass der Eindruck eines selektiven Systems der internationalen Justiz entsteht, in dem die Interessen mächtiger Staaten Vorrang vor den Interessen der Gerechtigkeit für die Opfer von Verbrechen nach internationalem Recht haben.