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Iran: Amnesty International verurteilt Hinrichtung eines jungen Protestteilnehmers

9. Dezember 2022

Zusammenfassung

  • Hinrichtung eines jungen Protestteilnehmers zeugt von brutaler Entschlossenheit der iranischen Behörden
  • Mindestens 18 weiteren Menschen droht die Hinrichtung
  • Internationalen Gemeinschaft muss rasch und entschlossen handeln, um weiteren Exekutionen zu verhindern

Die iranischen Behörden exekutierten am 8. Dezember den 23-jährigen Mohsen Shekari, weil er sich an den anhaltenden Massenprotesten im Land beteiligt hatte. Er wurde in einem Verfahren zum Tode verurteilt, das in keinster Weise den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprach.

Diana Eltahawy, Expertin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International, verurteilt das Vorgehen der Behörden:

Die Hinrichtung von Mohsen Shekari durch die iranischen Behörden ist entsetzlich. Vor weniger als drei Wochen wurde er in einem unfairen Scheinprozess schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Die Behörden machen damit auf grausame Weise ihre öffentlichen Drohungen wahr, Prozesse zur Verhängung von Todesurteilen zu beschleunigen und die Hinrichtungen zügig zu vollziehen.

Diana Eltahawy, Expertin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International

„Wir befürchten, dass weitere Protestierende, die sich im Todestrakt befinden oder denen Kapitalverbrechen vorgeworfen werden, unmittelbar von der Hinrichtung bedroht sind. Die schockierende Geschwindigkeit, mit der das Verfahren gegen Mohsen Shekari im Justizystem abgehandelt wurde, ohne ihm ein faires Verfahren oder wirksame Rechtsbehelfe zu gewähren, zeigt einmal mehr, dass die Behörden die Todesstrafe zur politischen Repression instrumentalisieren. Sie klammern sich verzweifelt an die Macht und verfolgen eindeutig das Ziel, die Bevölkerung einzuschüchtern und so die Unruhen zu beenden“, so Eltahawy weiter.

Mohsen Shekari wurde auf der Grundlage der vagen und weit gefassten Anklage der „Feindschaft zu Gott“ (moharebeh) zum Tode verurteilt, weil er „eine Straße in Teheran blockiert, Angst verbreitet, Menschen ihrer Freiheit und Sicherheit beraubt und eine Sicherheitskraft vorsätzlich mit einer Waffe (Messer) verletzt“ haben soll. Dies verstößt gegen das Völkerrecht, demgemäß die Todesstrafe nur auf die schwersten Verbrechen anzuwenden ist; dies sind Taten, die mit einer vorsätzlichen Tötung einhergehen.

Angesichts der Festnahme und Anklage Tausender Menschen im Iran befürchtet Amnesty International, dass noch viele weitere Menschen in Verbindung mit den Massenprotesten zum Tode verurteilt werden könnten. Amnesty hat Kenntnis von mindestens 18 Personen, denen im Zusammenhang mit den Protesten die Hinrichtung droht. Ihre Strafverfahren befinden sich derzeit in jeweils unterschiedlichen Stadien.

Zwölf Personen wurden bereits zum Tode verurteilt: Sahand Nourmohammad-Zadeh, Mahan Sedarat Madani, Manouchehr Mehman Navaz, Mohammad Boroughani, Mohammad Ghobadlou, Saman Seydi, Hamid Ghare Hasanlou, Akbar Ghafarri, Name nicht bekannt – aus der Provinz Alborz, Name nicht bekannt – aus Alborz, Name nicht bekannt – aus Alborz, Name nicht bekannt – aus Alborz.

Die folgenden Personen stehen vor Gericht und/oder sind wegen Straftaten angeklagt, auf die die Todesstrafe steht: Abolfazl Mehri Hossein Hajilou, Mohsen Rezazadeh Gharegholou, Saeed Shirazi, Ebrahim Rahimi, Majidreza Rahnavard, Toomaj Salehi.

Diana Eltahawy, Expertin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International: „Da die iranischen Behörden ihre Tötungsserie mit brutaler Entschlossenheit fortführen, sowohl auf den Straßen als auch durch Scheinprozesse vor Gericht, ist es nun an der internationalen Gemeinschaft, rasch und entschlossen zu handeln, um weiteren Exekutionen einen Riegel vorzuschieben.

Die internationale Gemeinschaft darf sich nicht auf die empörte Anprangerung der Geschehnisse beschränken, sondern muss alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, damit alle iranischen Staatsbediensteten zur Verantwortung gezogen werden, denen völkerrechtliche Verbrechen und andere schwere Verstöße gegen Menschenrechte, wie z. B. gegen das Recht auf Leben, vorgeworfen werden – seien es Angehörige der Sicherheitskräfte, des Geheimdienstes, der Staatsanwaltschaft oder des Justizwesens.

Diana Eltahawy, Expertin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International

„Hierbei sollte unter anderem das Weltrechtsprinzip zur Anwendung kommen, um Ermittlungen gegen die Verdächtigen einzuleiten und bei ausreichender Beweislage Haftbefehle auszustellen“, so Diana Eltahawy.

Hintergrund

Bereits vor Beginn der Massenproteste Mitte September warnte Amnesty International  vor einem erschreckenden Anstieg in der Zahl der Hinrichtungen im Iran: die Behörden haben im ersten Halbjahr 2022 mindestens 251 Menschen exekutieren lassen.

Amnesty International lehnt die Todesstrafe grundsätzlich und ohne Ausnahme ab, ungeachtet der Art und Umstände des Verbrechens, der Schuld oder Unschuld oder anderer Eigenschaften der Person oder der Hinrichtungsmethode. Die Todesstrafe verletzt das Recht auf Leben und ist die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen.

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