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Irak: Kinder im Kreuzfeuer der Schlacht um Mossul

22. Dezember 2016

Konfliktparteien müssen Schutz der Zivilbevölkerung garantieren

Die blutige Schlacht um Mossul dauert bereits Monate. Besonders Kinder leiden darunter. Eine ganze Generation droht durch Erlebnisse extremer Gewalt traumatisiert zu werden.

Während die humanitäre Tragödie in Aleppo in den letzten Wochen im Fokus der Weltöffentlichkeit stand, ist es um die vor zwei Monaten gestartete Großoffensive auf die nordirakische Stadt Mossul ruhig geworden. Die irakischen Regierungskräfte, unterstützt von einer US-geführten Koalition, starteten die Großoffensive auf die vom so genannten Islamischen Staat gehaltene Großstadt. Donatella Rovera, Expertin für Krisenregionen von Amnesty International recherchierte diesen Dezember für 17 Tage im Nordirak und besuchte Lager für intern Vertriebene und Spitäler. Dort interviewte sie Kinder, die aus Mossul geflohene waren, sowie ihre Verwandten oder Begleitpersonen.

Diese Kinder haben Dinge gesehen, die kein Kind je sehen sollte”, sagt Donatella Rovera. Ich sprach mit Kindern, die nicht nur selbst schwer verwundet worden sind, sondern die auch mitansehen mussten, wie ihre Verwandten oder Nachbarn durch Raketeneinschläge enthauptet, durch Autobomben in Stücke gerissen oder unter den Trümmern ihrer Häuser begraben worden sind.

Donatella Rovera

„Die Konfliktparteien müssen alle Maßnahmen treffen, um dem völkerrechtlich geforderten Schutz der Zivilbevölkerung zu garantieren. Dazu gehört, dass dicht besiedelte Gebiete nicht durch Artillerie oder die Luftwaffe beschossen werden.“

Erschwerter Zugang zu medizinischer Versorgung

Die verletzten Kinder sind in überfüllten Spitälern oder in Lagern für intern Vertriebene untergebracht. Diese schwierigen humanitären Bedingungen erschweren die physische und psychische Erholung massiv. Die wenigen Spitäler in den Kampfgebieten sind meinst nicht mehr funktionsfähig oder können aufgrund der Kämpfe nicht erreicht werden.

Die beste medizinische Versorgung gibt es im rund 80 km entfernten Erbil, der Hauptstadt der halbautonomen kurdischen Region. Jedoch erhalten nur die wenigsten Verletzten die notwendige Bewilligung der kurdischen Regionalregierung, um dort versorgt zu werden. „Wenn genug Ressourcen für die Kriegsführung gibt, muss es auch Ressourcen geben, um die Folgen des Krieges bewältigen zu können“, fordert Donatella Rovera und sagt weiter: „Die Offensive zur Rückeroberung Mossuls war von langer Hand vorbereitet. Die irakische Behörden und ihre internationalen Partner hätten bessere Vorkehrungen für die medizinische Versorgung der zivilen Opfer treffen müssen, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern.“

Keine Ressourcen für die Behandlung traumatisierter Kinder

In den Lagern für intern Vertriebene traf Donatella Rovera auf viele schwer traumatisierte Kinder. Darunter auch jesidische Kinder, die in IS-Gefangenschaft schwerste Menschenrechtsverletzungen wie Vergewaltigungen überlebten.  Auch traf sie Buben, die zwangsrekrutiert und dann trainiert wurden, Leute zu enthaupten. Nur die allerwenigsten der Tausenden betroffenen Kinder haben Zugang zu einer dringend notwendigen psychologischen Behandlung zur Linderung und Bewältigung der Traumata. „Die irakischen Behörden haben diesen Aspekt bisher völlig vernachlässigt“, so Donatella Rovera. „Sie und die internationale Gemeinschaft müssen die Ressourcen für eine umfassende psychische Betreuung der schwer traumatisierten Kinder dringend bereitstellen. Diese Kinder haben Unfassbares durchgemacht und sie brauchen jetzt Hilfe. Andernfalls droht aus ihnen eine verlorene Generation zu werden“, so Donatella Rovera.

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