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© Amnesty International/Fotis Filippo

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Griechenland: Europa muss 46.000 Flüchtlinge aus dem Elend befreien

18. April 2016

Neuer Bericht „In der Falle: die vermeidbare Flüchtlingskrise in Griechenland“

Alle Augen richten sich momentan auf die Umsetzung des EU-Türkei-Abkommens. Dabei geraten die rund 46.000 Flüchtlinge und Migrantinnen in Vergessenheit, die auf dem griechischen Festland im Elend leben, warnt Amnesty International in ihrem heute veröffentlichten Bericht „In der Falle: die vermeidbare Flüchtlingskrise in Griechenland“.

Amnesty International hat zwischen dem 8. Februar und dem 13. März 2016 zahlreiche Erstaufnahmezentren und Flüchtlingslager auf dem griechischen Festland besucht. Die Menschen auf der Flucht, hauptsächlich Frauen und Kinder, sitzen seit der Schließung der mazedonischen Grenze am 7. März in einer Falle. Die meisten von ihnen hoffen nach wie vor, nach Westeuropa weiterziehen zu können, um ihre Familienmitglieder zu finden. Die Wenigsten verfügen über Informationen, wie es weitergehen soll, nachdem die Grenze zu Mazedonien geschlossen wurde.

Die Entscheidung, die Westbalkan-Route zu schließen, hat dazu geführt, dass rund 46.000 Menschen in ständiger Angst und Ungewissheit unter schlimmsten Bedingungen in Griechenland festsitzen.

John Dalhuisen, bei Amnesty International zuständig für Europa und Zentralasien

Die Bedingungen in den 31 provisorischen Erstaufnahmezentren und Flüchtlingslagern in Griechenland sind mangelhaft. Die Unterkünfte, die Griechenland mit europäischer Hilfe errichtet hat, sind überfüllt. Den Menschen dort fehlt es an Privatsphäre; es gibt weder Heizungen noch genügend sanitäre Einrichtungen.

„Die Lage hier ist miserabel. Wir schlafen auf dem Boden, unsere Decken sind feucht, es gibt keine Bäder. Deshalb werden die Menschen krank“, erzählt eine hochschwangere syrische Frau den Vertreterinnen von Amnesty International in Idomeni.

„Es ist eine Katastrophe. Es gibt nichts hier. Alle schlafen auf dem Boden in einer alten Abflughalle. Es fehlt an den notwendigsten Dingen. Es gibt eine Toilette, aber die ist total verschmutzt. Ich kann nicht in dieser Halle schlafen, es stinkt zu sehr“, erzählt ein Asylsuchender aus Afghanistan, der sich im provisorischen Erstaufnahmezentrum Elliniko befindet, einem verlassenen Flughafen außerhalb von Athen.

Die meisten Flüchtlinge und Migrantinnen wissen nicht, welche Rechte sie in Griechenland haben. Menschen auf der Flucht mit besonderen Bedürfnissen finden keine Beachtung. Frauen erzählen, dass sie sich nicht sicher fühlen und Angst haben, in den Lagern von Männern belästigt zu werden. Unbegleitete Kinder werden teilweise auf Polizeistationen bis zu fünfzehn Tage lang eingesperrt, bevor sie in Zentren untergebracht werden, die speziell auf die Bedürfnisse von Kindern ausgerichtet sind.

„Die Regierungen der Europäischen Union haben zur Verschärfung dieser Situation beigetragen. Sie haben es nicht geschafft, Zehntausende von Asylsuchenden aus Griechenland - die meisten davon Frauen und Kinder – in andere europäische Länder umzusiedeln. Wenn es die Staatschefs der EU nicht schaffen, ihre Zusagen zur Umsiedlung schnell einzulösen und die Situation der gestrandeten Flüchtlinge und Migrantinnen in Griechenland nachhaltig zu verbessern, werden sie eine humanitäre Katastrophe erleben, die sie selbst verschuldet haben“, so Dalhuisen.

Im September 2015 haben die EU-Regierungschefs zugesichert, 66.400 Asylsuchende aus Griechenland aufzunehmen und neu anzusiedeln. Bislang wurden lediglich 615 Menschen in andere EU-Länder umgesiedelt. Diese Zahl wurde von der Europäischen Kommission am 12. April 2016 veröffentlicht.

Amnesty International fordert Griechenland auf, das Asylsystem deutlich zu verbessern und jedem Flüchtling zu ermöglichen, einen Asylantrag zu stellen. Oberste Priorität sollte sein, dass alle Menschen auf der Flucht regelmäßig Informationen erhalten und Flüchtlinge mit besonderen Bedürfnissen, wie Kinder, Kranke, Schwangere oder Frauen mit -Ihre Daten wurden abgeschnitten.