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© CHARLY TRIBALLEAU / AFP / picturedesk.com

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Frankreich: Rechtswidrige Tötung des 17-jährigen Nahel – Systemischer Rassismus in der Polizei muss endlich bekämpft werden

13. Juli 2023

Die Behörden in Frankreich müssen nach der rechtswidrigen Tötung des 17-jährigen Nahel Konsequenzen ziehen und Gerechtigkeit üben. Amnesty International fordert die französische Regierung auf, die Vorschriften zum Gebrauch von Schusswaffen und die Anwendung von Gewalt durch Polizeibeamt*innen zu reformieren. Die gefährliche Leugnung der Auswirkungen des systemischen Rassismus in der Strafverfolgung muss beendet und das Recht auf friedliche Versammlung garantiert werden, fordert Amnesty International in einer heute veröffentlichten Erklärung. Amnesty fordert seit langem die Einrichtung einer unabhängigen Stelle für die Untersuchung von Beschwerden gegen Polizeibeamt*innen.

„Der tödliche Schuss eines Polizisten auf Nahel – der jüngste Vorfall in einer langen Reihe rechtswidriger Tötungen durch die Polizei bei Verkehrskontrollen – unterstreicht die dringende Notwendigkeit einer umfassenden Reform der gefährlich ungenauen und freizügigen französischen Regeln für den Gebrauch von Schusswaffen durch die Polizei”, sagt Nils Muižnieks, Regionaldirektor von Amnesty International in Europa, und sagt weiter: „Die derzeitigen Vorschriften entsprechen nicht dem internationalen Recht und internationalen Standards.”

 

Das langjährige Versäumnis, Racial Profiling und systemischen Rassismus zu beenden und die Rechenschaftspflicht für Beamte bei unnötiger oder unmäßiger Gewaltanwendung einzuführen, hat ein Klima der Straflosigkeit und Angst geschaffen.

Nils Muižnieks, Regionaldirektor von Amnesty International in Europa

Die Tötung von Fahrer*innen und Fahrgästen durch die französische Polizei ist ein langjähriges Problem. Mit der Änderung des Gesetzes über die innere Sicherheit wurden „absolute Notwendigkeit und strikte Verhältnismäßigkeit” in die bestehenden Vorschriften für den Einsatz von Schusswaffen unter einer Reihe von Umständen eingeführt. Dies bedeutet, dass Strafverfolgungsbeamt*innen keine Schusswaffen verwenden sollten, wenn sie ein legitimes Ziel mit weniger schädlichen Mitteln erreichen können, und dass der Einsatz von Schusswaffen nicht mehr Schaden anrichten darf, als durch den Einsatz verhindert werden soll. Die Vorschriften beschränken den Schusswaffengebrauch jedoch nicht auf Fälle, in denen eine unmittelbare Bedrohung für das Leben oder eine schwere Körperverletzung besteht, und entsprechen somit nicht den internationalen Menschenrechtsvorschriften und -standards.

Verfünffachung bei der Anwendung tödlicher Gewalt bei Ausweis- und Verkehrskontrollen

Seit 2017 hat sich die Anwendung tödlicher Gewalt durch Polizeibeamt*innen verfünffacht, wenn Personen der polizeilichen Aufforderung zum Anhalten bei Ausweiskontrollen und Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung nicht nachgekommen sind. Nach Angaben des Innenministers hat der Einsatz von Schusswaffen gegen Personen in Fahrzeugen seit 2017 deutlich zugenommen. Die bloße Tatsache, dass sich eine Person einer Festnahme widersetzt oder zu fliehen versucht, ohne dass eine Gefahr für das Leben anderer besteht, ist jedoch kein ausreichender Grund für den Einsatz von Schusswaffen.

„Zu viele Menschen – vor allem Schwarze und Araber*innen – sind unter ähnlichen Umständen von der französischen Polizei erschossen worden. Die Menschen sind zu Recht wütend und die Frage 'Wie viele Nahels wurden nicht gefilmt?' ist berechtigt”, sagt Nils Muižnieks, und sagt weiter: „Die Behörden müssen nicht nur Gerechtigkeit für Nahel garantieren, sondern auch die Regeln für Polizeieinsätze reformieren und sinnvolle Maßnahmen ergreifen, um den systemischen Rassismus in der französischen Polizeiarbeit zu bekämpfen.”

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