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Ein Überblick: Das Jahr in Bildern

22. Februar 2017

Keinen Raum der Rhetorik der Angst, des Hasses und der Schuldzuweisung

Die Kultur der Verteufelung bestimmter Bevölkerungsgruppen schafft eine gespaltene und gefährliche Welt. Es ist an der Zeit, gemeinsam aufzustehen und diesem Trend einen Riegel vorzuschieben.

Wir können uns nicht auf die Regierungen verlassen, wenn es um den Schutz der Menschenrechte geht. Daher müssen wir, die Menschen, selbst aktiv werden.

Salil Shetty, Generalsekretär von Amnesty International

Mit der Veröffentlichung des Jahresberichts ruft Amnesty International Menschen überall auf der Welt dazu auf, der Rhetorik der Angst, des Hasses und der Schuldzuweisung keinen Raum zu geben, um so die Vision einer offenen, auf Gleichheit basierenden Gesellschaft nicht zu gefährden. Wenn jede und jeder Einzelne von uns aufsteht und sich für die Menschenrechte stark macht, können wir gemeinsam das Blatt wenden.

© Amnesty International/Giorgos Moutafis

Die wichtigsten Zahlen für 2016

  • 23 Kriegsverbrechen wurden in mindestens 23 Staaten begangen
  • 36 Staaten schickten Flüchtlinge illegal in einen Staat zurück, wo ihre Rechte gefährdet waren
  • In 22 Staaten wurden Menschen getötet, weil sie friedlich demonstriert hatten

2016 war das Jahr des „wir gegen sie”: Es war das Jahr der populistischen Politiker, die sich bestimmte Gruppen von Menschen aussuchten und diese als nationale Bedrohung abstempelten. Wenn mehrere Staaten unsere Rechte im Namen der nationalen Sicherheit zurückdrängen, könnte das Ergebnis ein vollständiger Zusammenbruch der universellen Menschenrechte sein.

Friedliche Bewegungen wie der internationale Women’s March, die Proteste für mehr Demokratie in Gambia und die Studentenproteste im mexikanischen Ayotzinapa sollten uns alle dazu inspirieren, uns entschlossen für unsere Freiheiten einzusetzen.

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Flüchtlingskrise

Viele Regierungen haben Flüchtlingen und Migrant*innen den Rücken gekehrt und benutzen sie als Sündenböcke. Im Jahr 2016 verletzten 36 Staaten das Völkerrecht, indem sie Flüchtlinge illegal in Staaten zurückschickten, wo diese Folter, Gewalt, die Todesstrafe oder Rechtsverletzungen fürchten mussten. Während Australien schreckliches Leid bei den Asylsuchenden auf den nahen Inseln Nauru und Manus anrichtete, schloss die EU einen illegalen und rücksichtlosen Deal mit der Türkei, um Flüchtlinge dorthin zurückschicken zu können, obwohl das Land nicht für die Einhaltung der Menschenrechte 
garantieren kann.

USA

© Public Domain

Donald Trumps vergiftete Wahlkampfrhetorik ist nur ein Beispiel für den weltweiten Trend zur aggressiven und spalterischen Politik. Denn auch der Erfolg anderer Politiker überall auf der Welt basiert auf Angstmacherei, Schuldzuweisungen und Spalterei.

Syrien

Der Konflikt in Syrien setzte sich auch 2016 unter Beteiligung internationaler Mächte fort. Die syrische Regierung und ihre Verbündeten führten großangelegte Angriffe überall in Syrien aus und töteten, verletzten und vertrieben tausende Zivilisten, während zehntausende Zivilisten verschleppt oder festgehalten wurden und Folter fürchten müssen. Im Dezember verabschiedete die UN-Generalversammlung eine Resolution, die ein Instrument zur Unterstützung der Untersuchung und der Verfolgung schwerer Verbrechen in Syrien seit 2011 einrichtete.

Philippinen

© Amnesty International

Die philippinische Regierung startete eine Kampagne, die das harte Durchgreifen der Polizei gegen Drogenkriminalität rechtfertigte, im Zuge derer mehr als 6.000 Menschen umgebracht wurden. Diese Tötungen waren die Konsequenz der Wahl Dutertes als Präsident, der wiederholt öffentlich die Verhaftung und Tötung von Menschen befürwortete, die verdächtigt wurden, Drogen zu konsumieren oder zu verkaufen.

Der Status quo: Ein weltweites Zurückdrängen der Menschenrechte

Die politischen Erdbeben 2016 zeigten wie außerordentlich gut die Rhetorik des Hasses dazu imstande ist, die dunkle Seite der menschlichen Natur zu entfesseln. Ob Trump (USA), Orbán (Ungarn), Modi (Indien), Erdogan (Türkei) oder Duterte (Philippinen) – immer mehr Politiker bezeichnen sich als „systemkritisch“ und bedienen sich einer Politik der Verteufelung. Sie benutzen ganze Gruppen von Menschen als Sündenböcke; sie verfolgen und entmenschlichen sie, um so die Unterstützung der Wähler*innen zu bekommen.

Diese Rhetorik wird einen immer gefährlicheren Einfluss auf die tatsächliche Politik haben. Im Jahr 2016 ignorierten Regierungen Kriegsverbrechen, setzten Deals durch, die das Asylrecht aushebelten, verabschiedeten Gesetze, die die Redefreiheit einschränkten, stachelten zur Tötung von Menschen an, weil diese Drogen konsumieren, legitimierten Massenüberwachung und dehnten drakonische Strafmaßnahmen aus.

Je mehr Staaten bei ihrer Verpflichtung zur Einhaltung der Menschenrechte zurückrudern, umso weniger Staaten gehen dabei mit einem guten Beispiel für die Welt voran. Staaten werden geradezu dazu ermutigt, bei der weltweiten Zurückdrängung der Menschenrechte mitzumachen.

Dies könnte katastrophale Auswirkungen haben, wenn man die erbärmliche weltweite Reaktion auf die weltweit begangenen Gräueltaten im Jahr 2016 bedenkt: Die Welt sah einfach tatenlos dabei zu, wie sich die Ereignisse etwa in Aleppo, Darfur und Jemen überschlugen.

In der Zwischenzeit führten einige andere Staaten umfassende Verfolgungen von Bevölkerungsgruppen durch, wie Bahrain, Ägypten, Äthiopien, die Philippinen und die Türkei. Andere Staaten führten aggressive Sicherheitsmaßnahmen ein, wie ausgedehnte Ausnahmezustände in Frankreich und bisher unerreichtes Ausmaß an Überwachungsgesetzen in Großbritannien. Eine weitere Eigenschaft dieser Politik des „starken Mannes“ ist der Aufstieg des Antifeminismus und der Anti-LGBTI-Rhetorik, wie auch Versuche, Frauenrechte in Polen zurückzudrängen, die jedoch von massiven Proteste begleitet wurden.

Stehen wir für unsere Rechte auf!

© Pierre-Yves Brunaud/Picturetank

Wir können uns nicht auf die Regierungen verlassen, wenn es um den Schutz der Menschenrechte geht. Daher müssen wir, die Menschen, selbst aktiv werden. Wir müssen uns gemeinsam gegen das Zurückdrängen der bereits seit Langem etablierten Menschenrechte zu stellen. Wir müssen gegen die verlogene Rhetorik auftreten, dass wir, wenn wir Wohlstand und Sicherheit wollen, im Gegenzug unsere Rechte aufgeben müssen.

Wir können uns Inspiration bei früheren AktivistInnen holen. In besonders dunklen Zeiten bewegten Einzelpersonen viel, indem sie Haltung bewiesen – seien es die Bürgerrechtsaktivist*innen in den USA, Anti-Apartheid-AktivistInnen in Südafrika, oder Frauenrechts- und LGBTI-Bewegungen überall auf der Welt.

Kleine Taten von Einzelpersonen können viel bewirken, wenn wir aktiv werden und Menschenrechte verteidigen. Globale Solidarität ist von größter Wichtigkeit, wenn wir einander vor diesen Regierungen schützen wollen, die Widerspruch schnell als Bedrohung der nationalen Sicherheit und der wirtschaftlichen Entwicklung darstellen.

Jeder Brief, jeder Besuch und jedes Wort hat uns in diesem langen, aber gerechten Kampf für Freiheit und Demokratie gestärkt und uns in unserer Zielstrebigkeit bestätigt.

Yves Makwamba, Aktivist aus der Demokratischen Republik Kongo, der im August 2016 aus der Haft entlassen wurde