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© Marieke Wijntjes/Amnesty International
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Saudi-Arabien: Aktivistinnen angeklagt

Frauenrechtsverteidigerinnen zu Unrecht im Gefängnis

Bis zum Juni 2018 durften Frauen in Saudi-Arabien nicht selbst mit dem Auto fahren. Die bekannten Feministinnen Loujain al-Hathloul, Iman al-Nafjan und Aziza al-Yousef und acht weitere Aktivistinnen kämpften unter anderem für eine Aufhebung dieses Fahrverbots. Die saudi-arabischen Behörden ließen sie deshalb im Mai 2018 verhaften.

Nach fast einem Jahr Haft ohne Anklage gab es am 13. März 2019 eine erste Anhörung. Mehrere der Frauen wurden angeklagt, Kontakt zu internationalen Organisationen wie Amnesty International und ausländischen Medien aufgenommen zu haben. Iman al-Nafjan, Aziza al-Yousef und Ruqayyaa al-Mhareb wurden am 28. März auf Kaution entlassen, die Anklagen bleiben jedoch aufrecht.

Lynn Maalouf, Nahost-Expertin bei Amnesty International, sagt dazu: „Es sind sehr gute Nachrichten, dass Iman al-Najfan, Aziza al-Yousef und Ruqayyah al-Mhareb aus der Haft entlassen worden sind. Nach zehn Monaten der willkürlichen Inhaftierung und Folter können sie nun endlich nach Hause zu ihren Familien zurückkehren. Die Freilassung der drei Frauen ist überfällig, da sie niemals hätten inhaftiert werden dürfen, und die Haftentlassung sollte definitiv nicht auf ‚vorübergehender‘ Basis erfolgen."

Die anderen acht Frauen befinden sich nach wie vor im Gefängnis.

Sie wurden eingesperrt, von ihren Familien getrennt, gefoltert und bedroht – und das alles nur, weil sie sich friedlich für die Rechte von Frauen eingesetzt und ihre Meinung geäußert haben.

Lynn Maalouf

In den ersten drei Monaten im Gefängnis wurde den Frauen kein Kontakt zu ihren Familien oder Rechtsbeiständen erlaubt. Mehrere von ihnen wurden gefoltert und sexualisierter Gewalt ausgesetzt.

Die elf Frauen sind zu Unrecht im Gefängnis. Sie kämpften für ihre Rechte und die Rechte aller Frauen in Saudi-Arabien. Nun drohen ihnen mehrere Jahre Haft!

 

Fordere jetzt ihre sofortige Freilassung!

Hintergrund

Aktuelle Entwicklungen

Loujain al-Hathloul, Iman al-Nafja, Aziza al-Yousef, Amal al-Harbi, Dr. Ruqayyah al-Mharib, Nouf Abdulaziz, Maya’a al-Zahrani, Shadan al-Anezi, Dr. Abir Namankni, Dr. Hatoon al-Fassi und eine weitere Frau gehören zu einer Gruppe von saudischen Aktivistinnen, die seit Mai 2018 im Zuge einer Verhaftungswelle festgenommen wurden. Viele der angeklagten Aktivistinnen haben sich für die Aufhebung des in Saudi-Arabien geltenden Fahrverbots für Frauen eingesetzt. Am 13. März 2019 wurden mehrere von ihnen angeklagt, Kontakt zu internationalen Organisationen wie Amnesty International sowie zu ausländischen Medien und anderen Aktivist*innen aufgenommen zu haben.

Bis zu dieser ersten Anhörung am 13. März befanden sich die Frauen ohne Anklage in Haft. In den ersten drei Monaten waren sie ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert, ohne Zugang zu ihren Familien oder Rechtsbeiständen. Mehrere Frauen wurden gefoltert, sexualisierter Gewalt ausgesetzt und in anderer Weise misshandelt.

Verschärftes Vorgehen

Seit Mai 2018 wurden in Saudi-Arabien mindestens 15 Aktivist*innen, darunter mehrere Menschenrechtsverteidigerinnen ohne Anklage inhaftiert. Am 19. Mai 2018 meldete die saudische Presseagentur, dass mehrere Personen wegen ihres „verdächtigen Kontakts zu ausländischen Einrichtungen“, der „Rekrutierung von Personen in sensiblen Regierungspositionen“ und „finanzieller Unterstützung feindlicher Einrichtungen im Ausland mit dem Ziel, die Sicherheit und Stabilität des Königreichs zu untergraben und die Sozialstruktur es Landes durcheinanderzubringen“ festgenommen worden seien. Unter ihnen befanden sich die bekannten Feministinnen Loujain al-Hathloul, Iman al-Nafja und Aziza al-Yousef, die in staatsnahen Medien beschuldigt wurden, gegen das Königliche Dekret 44/A, ein Folgedekret des Antiterrorgesetzes von 2014, verstoßen zu haben. Sie hätten  eine „Zelle“ gegründet und seien durch ihren „Kontakt zu ausländischen Einrichtungen mit dem Ziel, der Untergrabung der Stabilität Saudi-Arabiens und seiner Sozialstruktur“ eine Gefahr für die Staatssicherheit. Das Königliche Dekret 44/A ist in der Vergangenheit bereits gegen Menschenrechtsverteidiger*innen eingesetzt worden. In einem früheren Fall forderte die Staatsanwaltschaft die mögliche Höchststrafe von bis zu 20 Jahren Gefängnis gemäß dieses Dekrets wegen „Verbindung mit religiösen und intellektuellen Extremistengruppen oder Gruppen, die national, regional oder international als terroristische Organisationen eingestuft sind“.

Im Juli 2018 wurden zwei bekannte Menschenrechtsverteidigerinnen – Samar Badawi und Nassima al-Sada – ebenfalls willkürlich festgenommen. Im Juni 2018 inhaftierten die Behörden die Feministinnen Nouf Abdulaziz und Maya’a al-Zahrani, sowie Aktivisten, die schon zuvor wegen ihrer Menschenrechtsaktivitäten strafverfolgt worden waren, wie Mohammed al-Bajadi und Khalid al-Omeir. Die bekannte Feministin und Akademikerin Hatoon a-Fassi wurde Berichten zufolge ein paar Tage nach der Aufhebung des Fahrverbots im Juni 2018 ebenfalls inhaftiert. Im November 2018 tauchten Berichte darüber auf, dass mehrere Aktivist*innen, darunter mehrere der seit Mai 2018 willkürlich inhaftierten Frauen, in den ersten drei Monaten ihrer Haft gefoltert, sexualisierter Gewalt ausgesetzt und in anderer Weise misshandelt wurden. Siehe dazu https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/saudi-arabien-menschenrechtlerinnen-und-menschenrechtler-sind-haft-folter und https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/saudi-arabien-berichte-ueber-folter-inhaftierter.

Menschenrechtsverteidiger*innen in Saudi-Arabien in Gefahr

Die Verhaftungswelle vom Mai 2018 ist bezeichnend für ein anhaltendes scharfes Vorgehen gegen Menschenrechtsverteidiger*innen in Saudi-Arabien und die andauernde Einschränkung der Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit. Seit Anfang 2018 sind mehrere Menschenrechtler*innen vor das Sonderstrafgericht SCC gestellt und gemäß des Antiterrorgesetzes, den folgenden Dekreten und dem Gesetz gegen Internetkriminalität zu langen Haftstrafen sowie Reiseverboten und Verboten ihrer Aktivitäten in den Sozialen Medien verurteilt worden (siehe dazu auch eine englischsprachige Pressemitteilung: https://www.amnesty.org/en/latest/news/2018/01/saudi-arabia-first-human-rights-defenders-sentenced-under-leadership-of-reformer-crown-prince-mohammad-bin-salman/).

Am 14. März 2019 verabschiedete der UN-Menschenrechtsrat aufgrund der Ergebnisse der Regelmäßigen Universellen Überprüfung von Saudi-Arabien die Einrichtung einer Stelle, um die Menschenrechtslage im Land zu untersuchen. Trotz Reformversprechen während des Zusammentreffens in Genf, sind Frauenrechtlerinnen weiterhin inhaftiert. Siehe dazu https://www.amnesty.org/en/documents/mde23/0035/2019/en/

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