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Iran: Sorge um inhaftierten Aktivisten

Der schwer kranke Aktivist Bakhtiar Rahimi, wurde im November 2019 festgenommen und befindet sich seither im Gefängnis. Seit seiner Inhaftierung durfte er nicht mit einem Rechtsbeistand sprechen und nur einmal kurz mit seiner Familie telefonieren.

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Der Arbeitsrechtler, der zur kurdischen Minderheit im Iran gehört, wurde am 27. November 2019 in Marivan in der Provinz Kurdistan festgenommen und befindet sich seither in Haft. Er leidet an schweren Herz- und Nierenerkrankungen, für die er täglich Medikamente einnehmen muss.

Nach seiner Inhaftierung war er bis zum 11. Dezember „verschwunden“. An diesem Tag durfte er kurz mit seiner Familie telefonieren. In dem Telefongespräch sagte er seinen Verwandten, er werde in einer Hafteinrichtung des Geheimdienstministeriums in Sanandaj in Kurdistan festgehalten. Kurz darauf wurde das Gespräch abgebrochen. Seither konnte er keinen weiteren Kontakt zu seiner Familie aufnehmen. Auch der Kontakt zu einem Rechtsbeistand wird ihm verweigert.

Nach seiner Festnahme erkundigten sich die Familienangehörigen von Bakhtiar Rahimi mehrmals im Geheimdienstministerium in Marivan nach seinem Schicksal und Verbleib. Allerdings weigerten sich die Beamt*innen, ihnen Auskunft zu geben, und drohten stattdessen mit Gewalt. So drohten Angehörige des Ministeriums damit, sie zu erschießen, wenn sie noch einmal dort auftauchten. In den Wochen unmittelbar nach seiner Festnahme wurde Bakhtiar Rahimi auf einem regierungsfreundlichen Kanal des Messenger-Diensts Telegram namentlich als eine von mehreren Personen genannt, die in Verbindung mit den landesweiten Protesten, die seit dem 15. November anhalten, festgenommen wurden. In dem Beitrag hieß es, die Festgenommenen hätten Verbindungen zu kurdischen Oppositionsgruppen und hätten „gestanden“, während der Proteste Menschen verletzt und getötet zu haben. Die iranischen Behörden versuchen regelmäßig, zivilgesellschaftlich engagierte Personen, die der kurdischen Minderheit angehören, mit kurdischen Oppositionsgruppen in Verbindung zu bringen. Durch Folter und andere Misshandlungen erzwingen die Behörden dann „Geständnisse“, um die Betroffenen in unfairen Gerichtsverfahren zu verurteilen.

Bakhtiar Rahimi hatte Anfang 2019 einen Herzinfarkt und muss täglich Medikamente gegen Bluthochdruck einnehmen. Zudem benötigt er regelmäßige fachärztliche Untersuchungen.

Bakhtiar Rahimi war bereits 2008 wegen seines Einsatzes für Arbeitsrechte und Gewerkschaften festgenommen worden. Damals wurde er beinahe ein Jahr lang ohne Gerichtsverfahren im Trakt 209 des Teheraner Evin-Gefängnisses festgehalten. Dieser Trakt untersteht dem Geheimdienstministerium.

Ethnische Minderheiten, darunter Ahwazis, Türk*innen aus Aserbaidschan, Belutsch*innen, Kurd*innen und Turkmen*innen werden im Iran systematisch diskriminiert. Ihr Zugang zu Bildung, Arbeit und angemessenem Wohnraum wird beschnitten. Die kontinuierliche Vernachlässigung von Regionen mit einem hohen Anteil an Minderheiten hat die dortige Armut und Marginalisierung noch zusätzlich verschärft. Die persische Sprache ist die einzige Lehrsprache in den Grundschulen und weiterführenden Schulen im Iran.

Hintergrundinformationen

Seit Ausbruch landesweiter Proteste am 15. November 2019 gehen die iranischen Behörden scharf und mit teils tödlicher Gewalt gegen die Teilnehmenden vor. Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge sind bisher mindestens 304 Personen getötet worden. Tausende Protestierende, Journalist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen und Studierende wurden festgenommen. Zahlreiche Regierungsangehörige wie z. B. der Religionsführer und die Oberste Justizautorität haben die Protestierenden als „Verbrecher“ und „Randalierer“ bezeichnet und sie mit ausländischen Mächten in Verbindung gebracht. In den staatlichen Medien wurde gefordert, die „Anführer“ der Proteste mit dem Tod zu bestrafen. Amnesty International ist der Ansicht, dass die iranischen Behörden die Proteste dazu nutzen, unter dem Vorwand der nationalen Sicherheit zahlreiche Angehörige ethnischer Minderheiten festzunehmen, so auch Menschenrechtsverteidiger wie Bakhtiar Rahimi. Mehrere Quellen geben an, dass nach wie vor Menschen festgenommen werden, unter anderem in Provinzen mit einem hohen Anteil an ethnischen Minderheiten wie z. B. Kurdistan.

Recherchen von Amnesty International haben ergeben, dass die iranischen Behörden in den Tagen und Wochen während und nach den Protesten zahlreiche Personen ohne Kontakt zur Außenwelt festhielten und sie folterten oder anderweitig misshandelten. Amnesty International hat Berichte darüber erhalten, dass Inhaftierte häufig wenig oder gar keinen Kontakt zu ihren Familien aufnehmen durften und dass einige unter Bedingungen festgehalten wurden, die dem Verschwindenlassen gleichkommen. Familienangehörige der Betroffenen gaben an, dass sie auf Polizeistationen, bei der Staatsanwaltschaft, den Revolutionsgerichten, in Gefängnissen und anderen Hafteinrichtungen nach ihren verschwundenen Verwandten gefragt, aber keine Auskunft bekommen haben. Augenzeugenberichte und von Amnesty verifizierte Videoaufnahmen deuten darauf hin, dass Inhaftierte in manchen Fällen gefoltert und anderweitig misshandelt wurden, unter anderem durch Schläge, Tritte und Stockhiebe. Weitere Informationen finden sich hier.

Die Praxis des Verschwindenlassens ist gemäß dem Völkerrecht strikt verboten und es gibt keine besonderen Umstände, die eine solche Behandlung rechtfertigen. Menschen, die dem Verschwindenlassen zum Opfer fallen, sind von der Außenwelt abgeschnitten und wissen, dass ihnen nahestehende Personen keinerlei Informationen darüber haben, ob sie tot sind oder noch leben. Sie sind dem Schutz des Gesetzes entzogen und die Rechte auf rechtliche Vertretung und ein faires Gerichtsverfahren sind nicht gewährleistet. Oft sind sie dadurch in erhöhter Gefahr, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden. Die Familienmitglieder und Freund*innen von Opfern des Verschwindenlassens müssen oft lange warten, bis sie etwas über das Schicksal und den Verbleib der Betroffenen erfahren, was an sich eine Form von Misshandlung darstellen kann.

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