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China: Gefängnis nach COVID-Berichten

Bürgerjournalistin Zhang Zhan zu Unrecht inhaftiert

Am 28. Dezember 2020 wurde Zhang Zhan in Shanghai zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie aus Wuhan über den COVID-19-Ausbruch berichtet hatte.

Die ehemalige Anwältin Zhang Zhan ist eine Bürgerjournalistin, sie berichtet ohne offizielle Akkreditierung der Behörden und äußert sich zu politischen und menschenrechtlichen Themen in China.

Im Februar 2020 reiste sie nach Wuhan, damals das Zentrum des COVID-19-Ausbruchs in China. Von dort berichtete sie auf Online-Plattformen wie WeChat, Twitter und YouTube über die Inhaftierung unabhängiger Journalist*innen und die Schikane der Familienangehörigen der Betroffenen.

Im Mai 2020 wurde Zhang Zhan festgenommen. Aus Protest gegen ihre Inhaftierung trat sie im Juni für ein halbes Jahr in Hungerstreik. Als Strafe dafür musste sie mehr als drei Monate lang Tag und Nacht Hand- und Fußfesseln tragen und wurde zwangsernährt. Im Dezember wurde sie wegen des Vorwurfs, „Streit angefangen und Ärger provoziert zu haben“ verurteilt.

Aus Protest gegen ihre Verurteilung und als Zeichen ihrer Unschuld befand sich Zhang Zhan seit April 2021 wiederholt im teilweisen Hungerstreik. Am 31. Juli 2021 musste sie vorübergehend wegen starker Mangelernährung in ein Krankenhaus eingeliefert werden.

Bürgerjournalist*innen waren die erste, wenn nicht einzige Quelle für unzensierte Informationen aus erster Hand zum Covid-19-Ausbruch in China. Sie sind in China ständigen Schikanen und Repressionen ausgesetzt. Doch ihre mutige Arbeit gehört geehrt anstatt bestraft!

Jetzt Freilassung fordern!

 

Hintergrundinformationen

Die ehemalige Anwältin Zhang Zhan ist eine Bürgerjournalistin und äußert sich zu politischen und menschenrechtlichen Belangen in China. Im Februar 2020 reiste sie nach Wuhan, damals das Zentrum des Covid-19-Ausbruchs in China. Sie berichtete auf Online-Plattformen wie WeChat, Twitter und YouTube über die Inhaftierung unabhängiger Journalist*innen und die Schikane der Familienangehörigen der Betroffenen.

Am 18. Dezember 2020 wurde der Rechtsbeistand von Zhang Zhan darüber informiert, dass das Verfahren gegen seine Mandantin am 28. Dezember vor dem Volksgericht des Bezirks Pudong in Shanghai stattfinden werde. Zhang Zhan erschien im Rollstuhl im Gerichtssaal. Sie wurde ab Beginn ihres Hungerstreiks im Juni 2020 von den Behörden zwangsernährt, weshalb Sorge um ihre Gesundheit besteht.

Vor Gericht wurde die Bürgerjournalistin beschuldigt, über die Sozialen Medien große Mengen an Falschinformationen verbreitet zu haben. Laut Angaben ihres Rechtsbeistands legte die Staatsanwaltschaft jedoch keine konkreten Beispiele für diese Anschuldigungen vor.

Hungerstreik und Folter

Zhang Zhan trat im Juni 2020 in den Hungerstreik, um gegen ihre Inhaftierung zu protestieren. Obwohl sie die Absicht hatte, den Hungerstreik fortzusetzen, sollen Gefängnisbeamt*innen ihr gegen ihren Willen über einen Schlauch Nahrung verabreicht haben. An der Zwangsernährung sollen auch ihre Mithäftlinge beteiligt gewesen sein. Ihr Rechtsbeistand berichtete, dass sie körperlich sehr schwach sei und an Magenschmerzen und Schwindel leide und kaum gehen könne. Zhang Zhan musste Berichten zufolge als Strafe für ihren Hungerstreik mehr als drei Monate lang Tag und Nacht Hand- und Fußfesseln tragen. Infolgedessen begann sie am 28. Dezember 2020 wieder Nahrung zu sich zu nehmen.

Im April 2021 erhielt Zhang Zhans Familie die Information, dass sie in das Frauengefängnis in Shanghai verlegt worden sei. Seit der Verlegung in das Gefängnis führte Zhang Zhan den Hungerstreik teilweise weiter, indem sie nur leichte Nahrungsmittel wie Kekse oder Mantou (kleine, gedämpfte Brötchen) isst. Ihre Familie durfte sie bisher nicht besuchen. Die Besuchsanträge wurden jeweils ohne Angabe von Gründen abgelehnt.

Zhang Zhans Gesundheitszustand hat sich in den letzten Monaten drastisch verschlechtert, so dass sie am 31. Juli wegen Mangelernährung in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste. Nach Angaben der Behörden wiegt sie weniger als 40 kg und leidet an Schwellungen an den Beinen und Füssen. Das Risiko, dass sie während der Haft stirbt, ist nicht ausgeschlossen.

Am 2. August durfte Zhang Zhan zum ersten Mal seit Anfang Februar mit ihrer Mutter sprechen, die sie gebeten hat, ihren Hungerstreik zu beenden. Trotz der Bitte ihrer Mutter war sie entschlossen, den Hungerstreik teilweise fortzuführen, um gegen ihre Verurteilung zu protestieren und zu zeigen, dass sie unschuldig ist.

Die Familie von Zhang Zhan rechnet aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustands nicht damit, dass sie den Winter überlebt, wenn sie nicht sofort aus medizinischen Gründen freigelassen wird. Am 15. November reichten ihre Angehörigen einen Antrag auf Freilassung aus medizinischen Gründen ein, doch die Antwort des Frauengefängnisses von Shanghai steht noch aus. Zhang Zhan hat nach wie vor keinen regelmäßigen Zugang zu ihren Familienangehörigen und Rechtsbeiständen. Damit sind die Möglichkeiten, ihren Gesundheitszustand und ihr Wohlergehen zu überprüfen, massiv eingeschränkt.

Sie darf nicht erneut gefoltert und misshandelt werden, wie sie es im Gefängnis des Neuen Bezirks Pudong erlebt hat. Ihr muss unbedingt regelmäßiger Zugang zu ihrer Familie und Rechtsbeiständen ihrer Wahl gewährt werden. Als gewaltlose politische Gefangene, die nur deshalb inhaftiert wurde, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung friedlich wahrgenommen hat, hätte Zhang Zhan nicht einen einzigen Tag im Gefängnis verbringen dürfen.

Situation von Bürgerjournalist*innen

Bürgerjournalist*innen waren die erste, wenn nicht einzige Quelle für unzensierte Informationen aus erster Hand zum Covid-19-Ausbruch in China. Es gibt nicht viele Bürgerjournalist*innen, da sie keine offizielle Akkreditierung erhalten können, diese aber benötigt wird, um berichten zu dürfen. Bürgerjournalist*innen sind in China ständigen Schikanen und Repressionen ausgesetzt, weil sie Nachrichten und Informationen verbreiten, die von der Regierung zensiert worden sind. Es liegen zahlreiche Berichte darüber vor, dass unabhängige Journalist*innen und Aktivist*innen von den Behörden drangsaliert wurden, weil sie in den Sozialen Medien Informationen über Covid-19 gepostet hatten. Hierzu zählt auch der Rechtsanwalt und Bürgerjournalist Chen Qiushi, der über behördliche Schikane berichtete, nachdem er Aufnahmen aus Krankenhäusern in Wuhan ins Internet gestellt hatte. Ebenso Fang Bin aus Wuhan, der kurzzeitig von den Behörden festgehalten wurde, nachdem er ein Video geteilt hatte, in dem Personen zu sehen sind, die mutmaßlich an Covid-19 gestorben sind.

Seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie in China sind zahlreiche Artikel über das Coronavirus zensiert worden, darunter auch Beiträge, die in Mainstream-Medien wie z. B. einem Ableger der Zeitung Beijing Youth Daily (北京青年报) und dem Magazin Caijing (财经) veröffentlicht wurden. Bestimmte Social-Media-Beiträge, politisch sensible Hashtags sowie Forderungen nach Meinungsfreiheit werden routinemäßig gelöscht bzw. zensiert.

Die Straftat "Streit angefangen und Ärger provoziert zu haben" (寻衅滋事罪) unter Paragraf 293 des chinesischen Strafrechts ist ein weit gefasster und vage formulierter Straftatbestand, der häufig eingesetzt wird, um gegen Aktivist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen vorzugehen. Diese Straftat fand ursprünglich nur Anwendung bei Störungen der öffentlichen Ordnung auf Plätzen, seit 2013 fallen darunter aber auch digitale Räume. Bei einem Schuldspruch drohen den Verurteilten bis zu fünf Jahre Haft.

Musterbrief

Appelle an

GEFÄNGNISDIREKTOR
Director Chen Jianhua
Director of Shanghai Municipal Women’s Prison
No 1601, Zhangjing Road, Sijing Zhen
Songjiang Qu, Shanghai 201601
VOLKSREPUBLIK CHINA
(Anrede: Dear Dear Director Chen / Sehr geehrter Herr Direktor Chen)

Kopien an

BOTSCHAFT DER VOLKSREPUBLIK CHINA
S.E. Herr Xiaosi LI
Metternichgasse 4
1030 Wien
Fax: (+43 / 1) 713 68 16
E-Mail: chinaemb_at@mfa.gov.cn

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie dringend dazu auf, Zhang Zhan freizulassen, da sie lediglich aufgrund der friedlichen Wahrnehmung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert wurde, nachdem sie über die durch das Coronavirus ausgelöste Krankheit Covid-19 berichtet hatte.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass sie bis zu ihrer Freilassung regelmäßigen Zugang zu ihren Familieangehörigen und Rechtsbeiständen ihrer Wahl erhält.
  • Sorgen Sie außerdem dafür, dass Zhang Zhan Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung erhält. Bitte geben Sie daher ihrem Antrag auf eine Freilassung aus medizinischen Gründen statt und garantieren Sie, dass sie nicht erneut gefoltert oder anderweitig misshandelt wird.

Inhalt

Dear Director Chen,

I am writing to express concern for citizen journalist Zhang Zhan (张展), who is currently serving her jail term at Shanghai Women’s Prison, a detention facility under your supervision. Zhang Zhan was sentenced to four years in prison under the charge of “picking quarrels and provoking trouble” (寻衅滋事罪). A prisoner of conscience imprisoned solely for peacefully exercising her right to freedom of expression when she reported about COVID-19, Zhang Zhan should be released immediately and unconditionally.

I am relieved to hear that on 28 January, Zhang Zhan was able to speak via a video call to her mother, who said she noticed that Zhang Zhan’s health may have slightly improved. Given that she was in critical condition for the past few months, Zhang Zhan must be allowed access to adequate medical care, including a thorough medical check-up by a medical professional. Her family submitted a medical bail application on 15 November 2021 when Zhang Zhan’s health was in critical condition, but they have not received any response to date. If the medical report shows that Zhang Zhan health conditions fit the criteria for medical bail, the authorities must grant this medical bail application before her health deteriorates again.

In the same video call, Zhang Zhan mentioned she had stopped her partial hunger strike just so prison authorities would no longer force-feed her. Zhang Zhan had experienced being forcibly fed while in detention since she started the hunger strike in June 2020 in protest at her incarceration.

Having said that, I am also worried that it is unclear whether Zhang Zhan will have regular access to her family and lawyer of her choice. According to “Shanghai Prison Administration Rules for the Communications with inmates” (上海市监狱管理局罪犯会见通信实施细则), each inmate is allowed to meet with their family members once a month and for a minimum of 20 minutes. It is important for her family members and lawyer to be able to visit her in person or at least through video call to enable them to see, communicate with and check on her.

Therefore, I urge you to

• Release Zhang Zhan immediately as she is imprisoned solely for peacefully exercising her right to freedom of expression when she reported about COVID-19;
• Pending her release, ensure that Zhang Zhan has regular access to her family members and lawyers of her choice; and
• Pending her release, ensure that Zhang Zhan has access to adequate medical care, including by granting her medical bail application to allow her to be assessed by a medical professional, and that she is not subjected to torture and other ill-treatment.

Yours sincerely,

Freiheit für Zhang Zhan

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