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© Galym Raqyzhanuly-Atajurt
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Angeklagt wegen Menschenrechtsarbeit

Kasachstan: Der kasachische Menschenrechtler Serikzhan Bilash war wegen „Anstiftung zu sozialer, nationaler, ethnischer, klassenbezogener oder religiöser Zwietracht“ angeklagt. Bei einem Schuldspruch drohten ihm bis zu sieben Jahre Haft.

Serikzhan Bilash befand sich seit dem 10. März im Hausarrest. Er leitet die Menschenrechtsorganisation Atajurt und wird strafrechtlich verfolgt, weil er die Menschenrechte von ethnischen Kasach*innen in China verteidigt. Serikzhan Bilash war ein gewaltloser politischer Gefangener.  

UPDATE

Am 17. August wurde Serikzhan Bilash unter Auflagen aus dem Hausarrest entlassen. Amnesty International wird seine Situation weiter beobachten und je nach Entwicklungen die nötigen Maßnahmen ergreifen. Vielen Dank allen, die sich eingesetzt haben!

Mehr Informationen zu diesem Fall

Der kasachische Menschenrechtsverteidiger Serikzhan Bilash steht seit dem 10. März unter Hausarrest und muss sich nun wegen haltloser Vorwürfe vor Gericht verantworten. Amnesty International ist der Ansicht, dass er nur deshalb strafrechtlich verfolgt wird, weil er sich für die Rechte von ethnischen Kasach*innen in der Uigurischen Autonomen Region Xinjiang in China einsetzt.

Serikzhan Bilash wurde unter Paragraf 174(1) des Strafgesetzbuches wegen „Anstiftung zu sozialer, nationaler, ethnischer, klassenbezogener oder religiöser Zwietracht“ angeklagt. Hierbei handelt es sich um einen vage formulierten Gesetzestext, der von den Behörden häufig dazu genutzt wird, um vermeintliche kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Berichten zufolge wurde Serikzhan Bilash ins Visier genommen, weil er Anfang Februar bei einem Treffen mit Angehörigen der uigurischen Gemeinschaft in Kasachstan gesagt hat: „Dschihad bedeutet heute nicht mehr, eine Waffe zu halten und nach Syrien zu gehen. Dschihad ist Information und Propaganda.“ Die Behörden werfen ihm auf dieser Grundlage vor, „ethnischen Hass“ gegen Chines*innen zu schüren.

Die erste Anhörung fand am 29. Juli in der Hauptstadt Nur-Sultan statt, woraufhin entschieden wurde, den Fall in der Stadt Almaty zu verhandeln. Die einzigen Beweise, die gegen Serikzhan Bilash vorliegen, sind Aussagen von Personen, die ihn nicht persönlich kennen. Die Hälfte der von der Polizei befragten Personen sagte am 24. Juli in einer Pressekonferenz, dass ihrer Ansicht nach in der Rede von Serikzhan Bilash nichts zu finden sei, das zu ethnischem Hass anstiftete. Serikzhan Bilash wurde am 10. März willkürlich in Nur-Sultan unter Hausarrest gestellt. Am 15. August wurde er in seine Wohnung in Almaty gebracht, wo er weiterhin unter Hausarrest steht.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Serikzhan Bilash ist kasachischer Staatsangehöriger und zog Anfang der 2000er-Jahre aus China nach Kasachstan. 2017 gründete er die Nichtregierungsorganisation Atajurt Eriktileri, die Verwandte von ethnischen Kasach*innen unterstützt, die in der Uigurischen Autonomen Region Xinjiang inhaftiert sind. Seine Organisation wurde jüngst von den kasachischen Behörden ins Visier genommen. Im Februar 2019 wurde ihm eine Geldstrafe von 700 US-Dollar auferlegt, weil er im Namen einer nicht registrierten Organisation tätig gewesen sein soll. Zuvor hatte er erfolglos versucht, die Organisation zu registrieren. Seither hat Serikzhan Bilash berichtet, unter Überwachung zu stehen, und kurz vor seiner Festnahme war er in ein Hotel gezogen, um seine Familie zu schützen.

Serikzhan Bilash hat in der Vergangenheit eng mit Amnesty International zusammengearbeitet, um Menschenrechtsverletzungen in der Autonomen Region Xinjiang aufzudecken. So hat er beispielsweise zu einem Amnesty-Bericht beigetragen, der im September 2018 veröffentlicht wurde. Der Bericht dokumentiert Vorfälle extremer Überwachung, willkürlicher Inhaftierung und ideologischer Indoktrinierung von Uigur*innen, Kasach*innen und anderen Angehörigen vornehmlich muslimischer ethnischer Gruppen in der Autonomen Region Xinjiang. Weitere Informationen finden Sie hier.

Serikzhan Bilash wurde am 10. März in Almaty festgenommen und am selben Abend in die Hauptstadt Nur-Sultan gebracht, wo er per Gerichtsbeschluss zu Hausarrest im Haus eines Bekannten verurteilt wurde. Es ist unklar, mit welcher Begründung er nach Nur-Sultan gebracht wurde, da die ihm vorgeworfene Straftat in Almaty begangen wurde. Erst am Tag nach seiner Festnahme erhielt er Zugang zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl.

Die kasachische Regierung scheut davor zurück, Menschenrechtsverletzungen an Kasach*innen in der Autonomen Region Xinjiang zu thematisieren. Dieses Thema wird jedoch immer brisanter. Im April 2018 floh eine Chinesin namens Sayragul Autybai nach Kasachstan und beantragte dort Asyl. Sie hatte über die Situation in Umerziehungslagern in China berichtet, in denen sie zuvor angestellt war. In Kasachstan wurde sie wegen rechtswidrigen Grenzübertritts festgenommen und mehrere Monate lang festgehalten, in denen sie fürchtete, nach China abgeschoben zu werden. Im August 2018 wurde sie gegen Kaution freigelassen. Im Oktober wurde ihr Asylantrag abgewiesen. Sie hat Rechtsmittel eingelegt und dieses Verfahren läuft derzeit noch. Im März 2019 bedankte sich China offiziell bei der kasachischen Regierung für ihre Unterstützung des „Programms zur Entradikalisierung“ in der Autonomen Region Xinjiang.

Amnesty International berichtet regelmäßig über Verstöße gegen die Rechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit in Kasachstan. Paragraf 174 des Strafgesetzbuches ist sehr vage formuliert und wird häufig dazu genutzt, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Im Jahr 2018 wurde die Oppositionspartei Demokratische Wahl Kasachstans zu einer „extremistischen“ Organisation erklärt. Zahlreiche Personen, die in den Sozialen Medien vermeintlich ihre Unterstützung für die Partei ausgedrückt haben, wurden befragt und/oder strafrechtlich verfolgt. Im November 2016 wurden Maks Bokaev und Talgat Ayan gemäß Paragraf 174 des neuen Strafgesetzbuches und wegen anderer Anklagen zu je fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Grundlage war die Mitorganisation friedlicher Demonstrationen sowie Beiträge in den Sozialen Medien, in denen sie sich gegen vorgeschlagene Änderungen des Bodengesetzes aussprachen. Die Haftstrafe von Talgat Ayan wurde am 12. April 2018 zur Bewährung ausgesetzt und er wurde aus dem Gefängnis entlassen. Maks Bokaev hingegen befindet sich nach wie vor als gewaltloser politischer Gefangener in Haft und ist bei schlechter Gesundheit.

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