Die marokkanische LGBTI-Aktivistin Ibtissame Lachgar © privat
Die marokkanische LGBTI-Aktivistin Ibtissame Lachgar © privat
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Urgent Action Marokko: 30 Monate Haft für "Allah ist lesbisch"-T-Shirt

15. Dezember 2025

Die marokkanische Feministin und LGBTI-Aktivistin Ibtissame "Betty" Lachgar ist wegen "Schädigung des Islams" zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Sie hatte in den sozialen Medien ein Foto von sich mit einem T-Shirt mit dem Slogan "Allah ist lesbisch" veröffentlicht. Die marokkanische Polizei nahm "Betty" Lachgar deshalb am 10. August 2025 fest und die Staatsanwaltschaft ordnete Untersuchungshaft wegen "vorsätzlicher Beleidigung des Islam" an. Am 3. September befand ein Gericht in Rabat sie der "vorsätzlichen Beleidigung des Islam oder heiliger Symbole" durch Veröffentlichung im Netz für schuldig. Sie wurde zu den 2 1/2 Haft und einer hohen Geldstrafe verurteilt. Am 8. Oktober 2025 bestätigte das Berufungsgericht in Rabat den Schuldspruch und das Strafmaß.

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Es besteht große Sorge über die ungerechtfertigte Inhaftierung und den Gesundheitszustand der feministischen Aktivistin "Betty" Lachgar, die seit dem 10. August 2025 willkürlich inhaftiert ist, nur weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hat.

Am 3. September 2025 befand das erstinstanzliche Gericht in Rabat "Betty" Lachgar gemäß Artikel 267-5 des marokkanischen Strafgesetzbuchs für schuldig. Sie wurde zu zweieinhalb Jahren Haft und einer Geldstrafe in Höhe von 50.000 marokkanischen Dirham (umgerechnet über 4.600 Euro) verurteilt. Am 8. Oktober 2025 bestätigte das Berufungsgericht in Rabat den Schuldspruch und die verhängte Strafe.

"Betty" Lachgar wurde verhaftet, in Gewahrsam genommen und angeklagt, nachdem sie ein Foto von sich in den sozialen Medien veröffentlicht hatte, auf dem sie ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift "Allah ist lesbisch" trägt. In der dazugehörigen Bildunterschrift äußert sie sich kritisch über den Islam und andere Religionen. Der Inhalt dieses Beitrags, der von einigen Personen als beleidigend empfunden werden könnte, fällt nach internationalen Menschenrechtsnormen unter das geschützte Recht auf freie Meinungsäußerung. Die Einschränkung dieses Rechts ist nur in Ausnahmefällen zulässig, z. B. wenn es sich um eine Aufstachelung zur Gewalt handelt. In diesem Fall verstoßen Strafverfolgung und Verurteilung jedoch gegen die menschenrechtlichen Verpflichtungen Marokkos.

"Betty" Lachgar hatte eine schwere Krebserkrankung und muss mit dem Verlust der Funktionalität ihres linken Arms und weiteren schweren gesundheitlichen Komplikationen rechnen, wenn sie nicht die dringend benötigte medizinische Versorgung erhält. Die Behörden haben jedoch bereits mehrere Anträge auf eine vorläufige Freilassung aus medizinischen Gründen abgelehnt.

Sie benötigt dringend eine Operation, die in Marokko nicht durchgeführt wird. "Betty" Lachgar lebte in Frankreich und war dort in Behandlung, bis sie bei einem Besuch in Marokko im August festgenommen wurde. Die Behörden haben jedoch mehrere Anträge auf eine vorläufige Freilassung aus medizinischen Gründen abgelehnt, obwohl die Berichte der Ärzt*innen den Schweregrad ihres Zustands dokumentieren.

"Betty" Lachgar ist derzeit im Gefängnis von El Arjat in der Nähe von Rabat inhaftiert. Sie ist allein in einer Zelle untergebracht, darf keinen Kontakt zu den anderen Gefangenen haben und nicht zur gleichen Zeit wie die anderen auf den Hof gehen. Ihr Rechtsbeistand erklärte gegenüber Amnesty, dass "Betty" Lachgar unter dieser Isolation psychisch und physisch leidet, da sie aufgrund ihres Gesundheitszustands Hilfe bei alltäglichen Handgriffen benötigt.

Die Anklage, Verurteilung und andauernde Inhaftierung von "Betty" Lachgar verletzen ihr Recht auf freie Meinungsäußerung, das durch internationale Menschenrechtsnormen geschützt ist. Sie ist allein wegen der friedlichen Äußerung ihrer Ansichten in Haft. Damit werden ihre abweichenden Meinungen und ihr feministischer und LGBTI-Aktivismus willkürlich eingeschränkt.

Hintergrund

Am 31. Juli 2025 postete Ibtissame "Betty" Lachgar auf X ein Foto von sich mit einem schwarzen T-Shirt mit der Aufschrift "Allah ist lesbisch". In der Bildunterschrift äußerte sie sich kritisch über den Islam und andere Religionen und bezeichnete sie als Systeme, die patriarchale und frauenfeindliche Strukturen stärken. Kurz nachdem der Post viral ging, berichtete "Betty" Lachgar, dass sie schikaniert wurde und Vergewaltigungs- und Mordrohungen erhielt. In einer Online-Kampagne wurde zudem ihre Festnahme gefordert. Am 10. August 2025 nahm die Polizei Ibtissame "Betty" Lachgar in Rabat fest. Die Staatsanwaltschaft gab bekannt, dass sie zu Ermittlungszwecken in Polizeigewahrsam genommen worden sei. Anschließend klagte ein Gericht erster Instanz in Rabat sie wegen "Verunglimpfung des Islam" an und nahm sie in Untersuchungshaft. Ihre Anwält*innen beantragten ihre vorläufige Freilassung bis zur Gerichtsverhandlung, doch die Behörden lehnten dies ab und behielten sie in Haft.

Die Verurteilung von Ibtissame "Betty" Lachgar ist Teil eines umfassenderen Musters, bei dem Artikel 267-5 zur Kriminalisierung friedlicher Religionskritik verwendet wird. Marokko verstößt mit der Kriminalisierung friedlicher Meinungsäußerungen gegen seine Verpflichtungen aus internationalen Menschenrechtsnormen, darunter z. B.  Artikel 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte.

Der UN-Menschenrechtsausschuss hat festgestellt, dass, außer in seltenen Fällen, "Verbote von Äußerungen der Missachtung einer Religion oder eines anderen Glaubenssystems, einschließlich Blasphemiegesetze, mit dem Pakt unvereinbar sind". 

Ibtissame "Betty" Lachgars Rechtsbeistand bestätigte gegenüber Amnesty International, dass die Gefängnisverwaltung sie seit ihrer Festnahme in einer als "Schutzhaft" bezeichneten Einzelhaft hält. Sie behauptet, dass Lachgar zur Zielscheibe anderer Gefangener werden könnte, die den Grund für ihre Verurteilung als beleidigend empfinden könnten. Der Rechtsbeistand bestätigte gegenüber Amnesty international, dass Ibtissame Lachgar und ihr Verteidigungsteam keine Schutzmaßnahmen beantragt haben. 

Setz dich ein!

Bitte bis 12. Juni 2026 unterschreiben.