Hintergrundinfo
Der Gesetzentwurf zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes Nr. 576/2004 GBl. über die Gesundheitsversorgung, mit der Gesundheitsversorgung zusammenhängende Dienstleistungen sowie zur Änderung und Ergänzung einiger Gesetze, in geänderter Fassung (Druck Nr. 154, 19.06.2020) wurde dem slowakischen Parlament (Nationalrat) im Juli 2020 von OLANO ("Gewöhnliche Leute und unabhängige Personen"), der größten Partei der Regierungskoalition, vorgelegt.
Die Gesetzesvorlage wurde im August in erster Lesung verabschiedet und im September drei verschiedenen Ausschüssen zur Debatte vorgelegt. Am 9. September stellte sich der Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten hinter den Gesetzentwurf und empfahl dem Parlament, ihn anzunehmen. Der Ausschuss für soziale Angelegenheiten und der Ausschuss für Gesundheit werden sich voraussichtlich in den nächsten Tagen äußern. Man geht davon aus, dass die zweite Lesung in der Plenarsitzung stattfinden soll, die am 16. September beginnt. Wenn die Abgeordneten den Gesetzentwurf annehmen, findet eine dritte und letzte Abstimmung statt.
In der Slowakei sind Schwangerschaftsabbrüche bis zur zwölften Schwangerschaftswoche erlaubt. In den vergangenen Jahren sind jedoch Gesetze und Maßnahmen eingeführt worden, die den Zugang zu sicheren und legalen Schwangerschaftsabbrüchen innerhalb dieser Frist erschweren. Am 18. Oktober 2019 stellte der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte fest, dass Frauen in der Slowakei bereits jetzt zahlreiche Hürden überwinden müssen, um sexuelle und reproduktive Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen zu können, darunter sichere Schwangerschaftsabbrüche und Verhütungsmittel. Mit diesem neuen Gesetzentwurf werden zusätzliche Hürden zur Gesundheitsversorgung errichtet. Dies betrifft insbesondere Frauen und Mädchen, die aus ländlichen Gegenden stammen, in Armut leben oder von häuslicher oder sexualisierter Gewalt betroffen sind.
Nicht zum ersten Mal diskutiert das slowakische Parlament über Gesetze, um den Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen einzuschränken. Im November 2019 wurde eine Gesetzesvorlage eingebracht, die vorsah, dass sich diejenigen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen wollen, einer obligatorischen Ultraschalluntersuchung unterziehen müssen, bei der eine Aufnahme des Embryos beziehungsweise Fötus gemacht wird. Sie wären dann gezwungen, sich dieses Ultraschallbild anzusehen. Diese Maßnahme war nicht medizinisch begründet und hätte gegen die Rechte auf Privatsphäre, persönliche Integrität und Selbstbestimmung bei gesundheitlichen Entscheidungen verstoßen. Der Gesetzentwurf löste national und international Empörung aus und wurde daher nicht verabschiedet.