Hintergrundinfo
Am 12. April veröffentlichte Elena Milashina in der unabhängigen russischen Zeitung Novaya Gazeta einen Artikel über die COVID-19-Situation in Tschetschenien und die Reaktion der Behörden auf die Pandemie. Der Artikel trug den Titel: „Der Tod durch das Coronavirus ist das kleinere Übel – In Tschetschenien werden infizierte Personen mit Terroristen gleichgesetzt, was dazu führt, dass sie ihre Krankheit verschleiern und zuhause sterben“. Der tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow kommentierte den Artikel ausführlich auf seinem Telegram-Konto und stellte sogar ein Video auf Instagram ein, in dem er die Novaya Gazeta und ihre Journalist*innen beschuldigte, „Handlanger des Westens“ zu sein, und direkt an die russische Regierung und den Geheimdienst FSB appellierte, „diese Nicht-Menschen zu stoppen, die durch ihr Geschreibe unser Volk provozieren“. Er sagte weiter: „Wir haben die Nase voll! Wenn ihr wollt, dass wir eine Straftat begehen und zu Kriminellen werden, dann sagt es einfach! Einer von uns wird die Verantwortung und die rechtlich vorgesehene Strafe auf sich nehmen. Er wird einige Zeit im Gefängnis verbringen, aber letztendlich wieder freikommen. Versucht nicht, uns zu Kriminellen und Mördern zu machen.“
Dies ist nicht das erste Mal, dass Elena Milashina in Tschetschenien aufgrund ihrer Arbeit bedroht wird. Weitere Informationen finden Sie in UA-131/2015: https://www.amnesty.de/urgent-action/ua-131-2015/morddrohungen-gegen-journalistin. Am 6. Februar 2020 wurden die Journalistin und ihre Anwältin Marina Dubrovina in einem Hotel in der Hauptstadt Grosny von mehreren Personen angegriffen. Weitere Informationen finden Sie in diesem englischsprachigen Artikel: https://www.amnesty.org/en/latest/news/2020/02/russia-prominent-investigative-journalist-and-lawyer-attacked-during-visit-to-chechnya/. Die Untersuchung dieses Übergriffs verzeichnet derzeit keine Fortschritte, Aufnahmen von Überwachungskameras sind mutmaßlich „verloren gegangen“ und niemand ist für den Vorfall zur Rechenschaft gezogen worden. Ramsan Kadyrow bezieht sich in seinem Instagram-Video auch auf diesen Übergriff und bezeichnet ihn als „gewöhnliches Rowdytum“ und „keine Straftat“. Zudem behauptet er, es gäbe „keinen einzigen Zeugen und keinerlei Beweise“.
Am 15. April ordnete die Generalstaatsanwaltschaft an, dass der Artikel von Elena Milashina von der Internetseite der Novaya Gazeta entfernt werden müsse, und die Zeitung ist dieser Aufforderung nachgekommen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat bisher noch nicht erläutert, weshalb sie dem Artikel unterstellt, „falsche Informationen“ zu beinhalten.