Nachdem Asia Bibi im November 2010 zum Tode verurteilt wurde, nahmen zwei bekannte Politiker_innen sich ihres Falls an und riefen den damaligen pakistanischen Präsidenten Asif Ali Zardari auf, sie zu begnadigen. Salmaan Taseer, der Gouverneur von Punjab und Gegner der pakistanischen Blasphemiegesetze, wurde im Januar 2011 von seinem eigenen Leibwächter ermordet. Zwei Monate darauf wurde der einzige Christ im Kabinett, Shahbaz Bhatti, vor dem Haus seiner Mutter in Islamabad erschossen.
Pakistans Blasphemiegesetze sind überaus vage formuliert und beinhalten hohe Strafen. Beschuldigte können ohne jedes Beweismaterial zum Tode verurteilt werden. Die Blasphemiegesetze verstoßen gegen Pakistans Verpflichtungen zur Einhaltung der Menschenrechte und leisten darüberhinaus anderen Menschenrechtsverstößen Vorschub, darunter Drohungen und Tötungen. Richter_innen zögern, Angeklagte von dem Vorwurf der Blasphemie freizusprechen, weil sie fürchten, selbst zur Zielscheibe zu werden. Rechtsbeistände sind bereits im Gerichtssaal getötet worden. Zeug_innen und Familienangehörige von Betroffenen der Blasphemiegesetze müssen zum Teil untertauchen. Und die Behörden haben sich, statt die Menschenrechte konsequent zu verteidigen, im Hintergrund gehalten und diejenigen Boden gewinnen lassen, die Gewalt und Drohungen einsetzen, um sie einzuschüchtern.
Sobald eine Person der Blasphemie beschuldigt wird, kann sie von der Polizei ohne Überprüfung der Fakten festgenommen werden. Angesichts aufgebrachter Menschenmassen, darunter auch Geistliche und deren Unterstützer_innen, übergibt die Polizei die Fälle oft ohne Prüfung der Beweislage an die Staatsanwaltschaft. Sobald Anklage erhoben wurde, kann den Betroffenen die Freilassung gegen Kaution verweigert werden, und ihnen drohen lange und unfaire Gerichtsverfahren.
Häufig wird den Betroffenen Gewalt angedroht, weil sich bestimmte Gruppen oder Einzelpersonen berechtigt fühlen, Selbstjustiz zu üben und die Beschuldigten und/oder andere ihnen nahestehende Personen – z. B. Rechtsbeistände, Familienangehörige, Gemeindemitglieder – zu bedrohen oder zu töten.
Auch Rechtsbeistände, Polizist_innen, Staatsanwält_innen und Richter_innen sowie andere Bedienstete des Strafjustizsystems operieren in einem Klima der Angst, was sie daran hindert, ihre Arbeit wirksam, unparteiisch und angstfrei zu erledigen.
Der englischsprachige Bericht Pakistan: "As Good as Dead": The Impact of the Blasphemy Laws in Pakistan (https://www.amnesty.org/en/documents/asa33/5136/2016/en/) zeigt deutlich, dass die pakistanischen Blasphemiegesetze Menschenrechtsverstößen Vorschub leisten. Sie verstoßen gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen Pakistans zur Achtung und zum Schutz von Menschenrechten wie dem Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit und dem Recht auf freie Meinungsäußerung. In dem Bericht wird dokumentiert, wie diese Gesetze gegen die schutzbedürftigsten Gruppen der Gesellschaft eingesetzt werden, so zum Beispiel gegen Angehörige religiöser Minderheiten.
Laut einer Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs Pakistans „basieren die meisten Blasphemiefälle auf falschen Anschuldigungen“ und werden aus niederen Beweggründen zur Anzeige gebracht. Solche Beweggründe werden von den Behörden nur selten untersucht. Bei ihnen handelt es sich wahlweise um berufliche Rivalitäten, persönliche Auseinandersetzungen, religiöse Streitigkeiten oder die Hoffnung auf wirtschaftliche Vorteile.
Amnesty International fordert die Aufhebung dieser Gesetze und erwartet, dass alle neu eingeführten Gesetze in vollem Umfang mit dem Völkerrecht und den internationalen Normen konform gehen.
SETZ DICH EIN!
Urgent Action bis 18.12.2018