Die 67-jährige Nahid Taghavi und der 64-jährige Mehran Raoof, beide gewaltlose politische Gefangene mit doppelter Staatsangehörigkeit, verbüßen im Teheraner Evin-Gefängnis ungerechtfertigte Haftstrafen, weil sie friedlich von ihren Rechten auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit Gebrauch gemacht und sich unter anderem für die Rechte von Arbeitnehmer*innen und Frauen eingesetzt hatten. Am 4. August 2021 verurteilte die Abteilung 26 des Teheraner Revolutionsgerichts sie zu zehn Jahren und acht Monaten Gefängnis, weil sie angeblich "eine Gruppe von mehr als zwei Personen gegründet haben in der Absicht, die nationale Sicherheit zu gefährden" und wegen "Verbreitung von Propaganda gegen das System". Die Vorwürfe beziehen sich offensichtlich auf einen Social-Media-Account, auf dem über Frauenrechte gepostet wird. Beide wiesen alle Anschuldigungen zurück. Ihre Verfahren entsprachen bei Weitem nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren: Ihnen wurden die Rechte auf eine angemessene Verteidigung und auf Kontakt mit ihren Rechtsbeiständen bis zur ersten Verhandlung am 28. April verweigert. Mehran Raoof durfte seinen Rechtsbeistand während des gesamten Verfahrens nicht sehen und traf ihn nur während der Anhörungen.
Nach ihrer willkürlichen Festnahme im Oktober 2020 wurden Nahid Taghavi und Mehran Raoof unter Verstoß gegen das absolute Verbot von Folter und anderen Misshandlungen in verlängerter Einzelhaft gehalten. Während dieser Zeit wurden sie wiederholt in Abwesenheit ihrer Rechtsbeistände Befragungen unterzogen und dabei unter Druck gesetzt. Die Tochter von Nahid Taghavi sagte, die Verhörenden hätten ihrer Mutter "Verstöße gegen die nationale Sicherheit" vorgeworfen, nur weil sie ihre Menschenrechte friedlich ausgeübt habe, indem sie sich mit anderen traf und über Frauen- und Arbeitsrechte diskutierte, und weil sie Literatur zu diesen Themen besaß. Amnesty International erfuhr, dass Mehran Raoof bei den Verhören gefoltert und anderweitig misshandelt wurde, was bei ihm psychische Probleme auslöste. Unter anderem wurde ihm mit Gewalt gedroht, wenn er nicht kooperierte, und er wurde in einem Raum festgehalten, in dem das Licht 24 Stunden am Tag brannte.