Die Staatsanwaltschaft in Teheran weigert sich, die Beschwerde von Narges Mohammadi von Ende Dezember 2019 wegen mutmaßlicher Misshandlungen durch den Leiter des Evin-Gefängnisses zu verfolgen. Die Strafverfolgungsbehörden weigern sich ebenfalls, ihr eine Kopie des Berichts der Organisation für Rechtsmedizin im Iran (eines forensischen Instituts unter Aufsicht der Justiz) zu geben, der nach Angaben von Narges Mohammadi Ende Dezember 2019 die Hämatome und Verletzungen bestätigte, die ihr im Laufe ihrer gewaltsamen Verlegung vom Evin-Gefängnis in das Gefängnis von Zanjan zugefügt worden waren. Stattdessen haben sie ihrem Rechtsbeistand gesagt, dass sie sich schriftlich beim Leiter des Evin-Gefängnisses dafür entschuldigen muss, ihn öffentlich der Folter und anderer Misshandlungen beschuldigt zu haben.
Narges Mohammadi und elf weitere Frauen im Gefängnis von Zanjan zeigen seit dem 29. Juni Covid-19-Symptome. Die Familie von Narges Mohammadi war schon mehrmals beim Büro der Staatsanwaltschaft in der Provinz Zanjan, und hat um ihre medizinische Versorgung gebeten. Am 8. Juli wurden sie und elf weitere Frauen nach mehrmaligen Nachfragen endlich auf Covid-19 getestet. Doch die Behörden geben ihnen die Testergebnisse nicht bekannt. Sie brachten aber in dieser Zeit mehrere Frauen ohne Symptome an einen anderen Ort. Das hat die Sorge verstärkt, dass Narges Mohammadi und die anderen elf Frauen an Covid-19 erkrankt sind. Sie ist in besonderer Gefahr, schwer zu erkranken oder auch zu sterben, da sie eine Vorerkrankung der Lunge hat, die durch Atembeschwerden charakterisiert ist. Sie muss ein Inhalationsgerät benutzen und regelmäßig Medikamente nehmen, die die Bildung von Blutgerinseln in der Lunge verhindern. Ärzt*innen haben dazu geraten, sie regelmäßig und mindestens alle sechs Monate fachärztlich zu untersuchen, um ihre Medikamentierung anzupassen. Dennoch hat sie seit ihrer Verlegung in das Gefängnis von Zanjan am 24. Dezember 2019 keinen Zugang zu fachärztlicher Versorgung. Die Staatsanwaltschaft in der Provinz Zanjan hat ihrer Familie gesagt, dass Angehörige des Geheimdienstministeriums in Teheran sie angewiesen haben, sie nicht aus dem Gefängnis von Zanjan herauszulassen. Im April 2020 litt sie mehrere Wochen unter schweren Hustenanfällen und Brustschmerzen, nachdem die Behörden hohe Dosen von Ungeziefervernichtungsmittel gegen eine Bettflohplage versprüht hatten.
Die Unterbringung von Narges Mohammadi in der Nähe von Frauen, die wegen schwerer Gewaltverbrechen einsitzen, verletzt iranisches Recht sowie das Völkerrecht und internationale Standards, die festlegen, dass die Behörden Gefangene, die wegen nicht gewaltsamer Verbrechen verurteilt wurden, getrennt von Gewaltverbrecher*innen unterbringen müssen. Im April 2020 soll eine Mitgefangene, die wegen Mordes verurteilt wurde, Narges Mohammadimit dem Tode bedroht haben. Es gibt zahlreiche Berichte aus dem Gefängnis über gewalttätige Übergriffe – sowohl durch Mitgefangene als auch durch das Wachpersonal. Außerdem versäumen es die Behörden, das Problem der vielen psychischen Erkrankungen unter den Gefangenen anzugehen. Diese unsicheren Haftbedingungen haben zu einer Verschlechterung der psychischen Verfassung von Narges Mohammadi geführt.
Sie und andere Gefangene im Gefängnis von Zanjan leiden auch unter der Überbelegung, der schlechten Luftzufuhr, dreckigen und zu wenigen Bädern und dem Mangel an Sanitäranlagen und -produkten, um ihr Geschirr und ihre Kleidung zu waschen und die Hygiene zu wahren. Die Mahlzeiten werden ebenfalls als nicht essbar beschrieben. Dies zwingt Narges Mohammadi dazu, fast ausschließlich Brot, Joghurt, Tomaten, Zwiebeln und Bohnen zu sich zu nehmen, die sie im Gefängnisladen einkauft und selbst kocht. Es wird befürchtet, dass sie nicht die proteinhaltige Diät erhält, die ihr die Ärzt*innen für die Wundheilung und Genesung empfohlen haben, nachdem ihr 2018 und 2019 der Uterus und die Gallenblase entfernt wurden.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN – FORTSETZUNG AUF ENGLISCH
Narges Mohammadi has been imprisoned since her arrest in May 2015. The authorities said that she was arrested to resume serving a six-year prison sentence from 2011 which stemmed solely from her peaceful human rights activities at the Centre for Human Rights Defenders. However, she believes that her arrest was in reprisal for her 2014 meeting with Catherine Ashton, the then EU High Representative for Foreign Affairs and Security Policy. She was sentenced to an additional 16-year prison sentence in May 2016, following an unfair trial before Branch 15 of the Revolutionary Court in Tehran. Under Iran’s sentencing guidelines, she is required to serve 10 years of this sentence. Her conviction was linked solely to her human rights work, including her involvement with the Campaign for Step by Step Abolition of the Death Penalty (known by its Persian acronym Legam). Since her arrest, she has only been granted leave once for three days. Throughout her years in prison, she has been visited multiple times by a ministry of intelligence interrogator, who presides over her case, and pressured to sign an undertaking, committing not to continue her human rights work. In a letter leaked from Zanjan prison in late December 2019, Narges Mohammadi wrote: "In order to silence my voice, the Islamic Republic system has not spared me any violent action, from condemning me to lengthy imprisonment to depriving me of seeing my children or even hearing their voices on the phone to beatings, exile, insults and assaults on my dignity… What keeps me on my feet … is my love for the proud and tormented people of my country, and for the ideals of justice and freedom. Until my last breath, I will not stop speaking about justice, crying out against oppression, defending those who seek justice and freedom, and demanding the realization of sustainable peace."