Samira Sabou war Mitarbeiterin der Zeitung Le Sahel, die vom Nationalen Büro für Verlagswesen und Presse (ONEP, Office National d'Édition) verwaltet wird. Nachdem die Journalistin im Oktober 2017 ein Foto von sich gepostet hatte, auf dem sie den Präsidenten Mahamadou Issoufou nachahmt, wurde sie entlassen. Auf Druck der Behörden nahm Samira Sabous Redakteur ihr das Telefon ab und löschte das auf Facebook gepostete Bild. Am 17. Februar 2020 kam ein Gericht in Niamey zu der Auffassung, dass Samira Sabous Entlassung seitens der ONEP rechtswidrig gewesen war und forderte ihren Arbeitgeber auf, ihr eine Entschädigung in Höhe von umgerechnet rund 4.000 Euro zu zahlen.
Eine Überprüfung des nigrischen Verteidigungsministeriums hatte zu Vorwürfen hinsichtlich zu hoch veranschlagter Verträge und der Unterschlagung von Milliarden CFA-Franc geführt, die eigentlich für den Kauf militärischer Ausrüstungsgegenstände im Kontext der Terrorismusbekämpfung in den Jahren 2017 bis 2019 eingeplant gewesen waren.
Einer Erklärung des Regierungssprechers zufolge wurden bei der Prüfung Mängel bei den Beschaffungsverfahren sowie bei der Überwachung der Einkaufsvorgänge selbst festgestellt.
Seit März 2020 haben zivilgesellschaftliche Akteur*innen in den sozialen Medien und auf Demonstrationen die im geleakten Prüfungsbericht offenbarten Tatsachen angeprangert und darüber hinaus die Eingriffe der Regierungsbehörden in das entsprechende Gerichtsverfahren kritisiert sowie eine strafrechtliche Verfolgung der mutmaßlich Verantwortlichen gefordert.
Seit Jahresbeginn hat Amnesty International 27 Festnahmen von Aktivist*innen, Gewerkschafter*innen, Journalist*innen und Kritiker*innen im Niger verzeichnet. Unter diesen sind 17 Antikorruptionsaktivist*innen, die sich zu den Bestechungsvorwürfen im Verteidigungsministerium geäußert hatten.
Zwischen dem 15. und 17. März wurden in der nigrischen Hauptstadt Niamey sieben Aktivist*innen festgenommen, weil sie am 15. März eine Protestveranstaltung organisiert hatten, um Ermittlungen im Fall der Unterschlagungen im Verteidigungsministerium und die strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen zu fordern.
Im Niger werden Aktivist*innen häufig auf der Grundlage des Gesetzes über Internetkriminalität drangsaliert und eingeschüchtert. Von März bis Mai 2020 wurden mindestens vier Aktivist*innen unter diesem Gesetz festgenommen und angeklagt.
Ali Idrissa, der Koordinator des Netzwerks der Organisationen für Transparenz und Analyse des Haushalts (Réseau des organisations pour la transparence et l'analyse budgétaire) und Vorsitzender einer zivilgesellschaftlichen Organisation, musste am 9. April auf einer Polizeiwache erscheinen, nachdem der ehemalige Armeestabschef Anzeige erstattet hatte. Ihm wurde in Verbindung mit dem Korruptionsskandal um das Verteidigungsministerium Verleumdung vorgeworfen. Am 14. April wurde er gegen Kaution freigelassen. Die Anklagen gegen ihn lauten auf "Verleumdung des Armeegenerals und der Ehefrau des ehemaligen Stabschefs" sowie "Verbreitung von Informationen, die die öffentliche Ordnung stören könnten" und basieren auf dem Gesetz über Internetkriminalität.