Li Qiaochu, Jahrgang 1991, ist Feministin und arbeitet wissenschaftlich zu Arbeitsrechten. Sie schloss ihr Studium an der School of Labour and Human Ressources der Universität Renmin in China ab.
Li Qiaochu beschäftigt sich seit Langem mit Fragestellungen rund um die rechtliche Gleichstellung von Arbeiter*innen, Frauen* und anderen benachteiligten Teilgruppen der chinesischen Gesellschaft. Ihr Forschungsgebiet umfasst Themen wie politische Maßnahmen zur sozialen Absicherung von Arbeiter*innen im Ruhestand. Als die Pekinger Behörden 2017 zahlreiche Wanderarbeiter*innen – die sie als „Bevölkerung mit niedrigem Einkommen“ bezeichnete – zwangsräumte und vertrieb, arbeitete Li Qiaochu mit Freiwilligen, um Informationen über die am schwersten betroffenen Gruppen zusammenzustellen und zu verbreiten. So wollte sie die vertriebenen Arbeitsmigrant*innen darin unterstützen, neue Jobs und bezahlbare alternative Unterkünfte zu finden. Li Qiaochu beteiligte sich zudem aktiv an mehreren #MeToo-Aktionen in China. Sie stellte Daten zusammen, schrieb Berichte und veröffentlichte Online-Posts zur Unterstützung der Bewegung.
Im Juni 2019 wurde bei Li Qiaochu eine Depression diagnostiziert und sie musste regelmäßig Medikamente einnehmen. Dies hielt sie jedoch nicht davon ab, weiter aktivistisch tätig zu sein. Beim Ausbruch von COVID-19 half Li Qiaochu online und offline wieder ehrenamtlich, um der Ausbreitung in kleinen Gemeinschaften vorzubeugen bzw. sie zu verlangsamen. Sie verteilte Gesichtsmasken an Mitarbeitende des Gesundheitswesens und leitete schwangere Frauen aus den betroffenen Gemeinden dazu an, wie sie sich gegenseitig unterstützen konnten. Als sie den Mangel an geschlechtsspezifischer Perspektive insbesondere bei der Verhütung von geschlechtsspezifischer Gewalt in der Praxis von einigen Krankenhäusern beobachtete, begann sie mit einer Gruppe von weiteren Freiwilligen umgehend die Ausarbeitung von Empfehlungen.
Infolge ihres Aktivismus wurde Li Qiaochu oft von der Polizei schikaniert. Anfang Dezember 2019 wurden Beamt*innen der Behörde für Öffentlichen Sicherheit vor ihrem Haus postiert, die sie auf dem Weg zu und von der Arbeit überwachten. Dies ist eine schwere Verletzung ihrer Privatsphäre und Bürgerrechte.
Seit dem 26. Dezember 2019 verhört oder inhaftiert die Polizei im ganzen Land die Teilnehmer*innen eines informellen Treffens von Rechtsbeiständen und Aktivist*innen in Xiamen im Dezember 2019. Auch die drei Aktivisten Dai Zhenya, Ding Jiaxi und Zhang Zhongshun sind unter den vielen inhaftierten Teilnehmer*innen (vgl. UA-020/2020). Sie werden zurzeit unter einer Art Hausarrest an einem ihren Familien nicht bekannten Ort festgehalten.
„Überwachung an einem dafür vorgesehenen Ort“ ist in China eine Maßnahme, mit der strafrechtliche Ermittler*innen Personen unter bestimmten Umständen für bis zu sechs Monate außerhalb des formellen Haftsystems festhalten können. Dies kann einer geheimen Inhaftierung ohne Kontakt zur Außenwelt gleichkommen. Wenn Inhaftierten unter dieser Form der „Überwachung“ der Zugang zu einem Rechtsbeistand ihrer Wahl, ihren Familien und allen anderen Menschen außerhalb der Haft verweigert wird, sind sie erhöhter Gefahr ausgesetzt, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden. Diese Art der Haft wird benutzt, um die Aktivitäten von Menschenrechtsverteidiger*innen, darunter Rechtsbeistände, Aktivist*innen und Praktizierende einer Religion, zu unterdrücken. Menschenrechtsverteidiger*innen und andere Aktivist*innen sind weiterhin systematischer Überwachung, Schikane, Einschüchterung, Festnahmen und Inhaftierungen ausgesetzt.
Update: Diese Urgent Action ist abgelaufen. Vielen Dank für deinen Einsatz!