Hintergrundinfo
Am Abend des 12. Oktober 2019 wurde Esraa Abdelfattah aus ihrem Auto entführt und in eine geheime Hafteinrichtung der Nationalen Sicherheitsbehörde NSA gebracht. Der Kontakt zu ihrer Familie und ihren Rechtsbeiständen wurde ihr verwehrt. Wie Esraa Abdelfattah berichtete, drohte ein NSA-Beamter damit, sie zu foltern, als sie sich weigerte, ihm Zugang zu ihrem Mobiltelefon zu geben. Daraufhin betraten mehrere Männer den Raum, in dem sie festgehalten wurde, und verpassten ihr Schläge ins Gesicht und auf den Körper. Dann kehrte der NSA-Beamte zurück und forderte sie erneut auf, ihr Telefon freizuschalten. Als sie sich weiter weigerte, zog der Beamte ihr das Sweatshirt aus und wickelte es ihr um Hals. Er drohte ihr, sie zu erwürgen, sollte sie ihr Telefon nicht freischalten, woraufhin sie ihm das Passwort verriet. Der Beamte legt ihr Hand- und Fußschellen an, so dass sie nicht mehr sitzen oder knien konnte und zwang sie so, fast acht Stunden lang zu stehen. Ein anderer Beamter drohte ihr mit weiterer Folter, sollte sie der Anklagebehörden von dem Geschehen berichten. Am nächsten Tag schilderte sie der Anklagebehörde der Staatssicherheit, was sie durchgemacht hatte, aber ihre Beschwerde wurde abgelehnt und es wurden keine Ermittlungen eingeleitet. Kurz nach ihrer Festnahme trat Esraa Abdelfattah in den Hungerstreik, um gegen ihre Inhaftierung und ihre Behandlung zu protestieren. Am 22. November 2019 setzte sie den Hungerstreik wegen ihres sich verschlechternden Gesundheitszustands aus.
An dem ersten gegen Esraa Abdelfattah eingeleiteten Verfahren (Nr. 488/2019) sind der Menschenrechtsverteidiger und Rechtsanwalt Mahienour el-Masry, der Politiker Khalid Dawoud und der Professor und Politikwissenschaftler Hassan Nefea beteiligt. Bis heute hat die Anklagebehörde der Staatsicherheit noch keine Beweise gegen Esraa Abdelfattah vorgelegt, abgesehen von einer Ermittlungsakte der NSA, die weder sie noch ihre Rechtsbeistände bisher einsehen konnten.
Am 10. März 2020 setzten die ägyptischen Behörden unter Berufung auf COVID-19 alle Gefängnisbesuche aus. Am 15. August 2020 kündigte das Innenministerium unter bestimmten Auflagen die Wiederaufnahme der Gefängnisbesuche zum 22. August an.
Am 24. August wurde der Schwester von Esraa Abdelfattah erlaubt, sie zu besuchen. Sie erfuhr, dass Esraa Abdelfattah am 23. August mit einer Blutung in das Gefängniskrankenhaus von Al Qanater gebracht wurde. Esraah Abdelfattah berichtete ihrer Schwester, dass sie auch an Blutdruckschwankungen und Atembeschwerden leidet, die eine Sauerstofftherapie im Gefängniskrankenhaus notwendig machen.
Esraa Abdelfattah war eine der ersten Menschenrechtsverteidiger*innen in Ägypten, die im Zusammenhang mit der ausländischen Finanzierung von NGOs, bekannt als "Fall 173", mit einem Reiseverbot belegt wurden. Die Behörden hinderten sie am 13. Januar 2015 am internationalen Flughafen Kairo daran, ein Flugzeug zu besteigen. Seitdem wurden mindestens 30 weitere Menschenrechtsverteidiger*innen und NGO-Mitarbeiter*innen im Zusammenhang mit "Fall 173" mit einem Reiseverbot belegt.
Esraa Abdelfattah gehört zu mehreren bekannten Menschenrechtsverteidiger*innen, die im Zusammenhang mit seltenen regierungsfeindlichen Protesten am 20. September 2019 festgenommen wurden.
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Diese Urgent Action läuft bis 17.11.2020