Das Urteil gegen Taha Al J. setzt ein Zeichen gegen Straflosigkeit, das weit über das Verfahren in Frankfurt hinausgeht, da es den Grundstein für weitere Verfahren legt. "Doch das Urteil kann nur ein Anfang sein, es müssen weitere Verfahren folgen, die dazu dienen, die ganzen Verbrechen des Islamischen Staats an meiner Religionsgemeinschaft aufzuklären", sagt Pari Ibrahim, irakisch-jesidische Überlebende.
Der fast 20 Monate dauernde Prozess ist auch dahingehend bemerkenswert, dass sich der Tatort im Ausland befand, der Angeklagte nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und erst wegen eines internationalen Haftbefehls nach Deutschland ausgeliefert wurde. Es war das erste Mal, dass dies bei einem Prozess nach dem Weltrechtsprinzip in Deutschland der Fall war.
"Der Prozess in Frankfurt ist ein wichtiger Schritt. Aber er kann nur der Beginn eines langen Weges der juristischen Aufarbeitung sein. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass schwere Menschenrechtsverbrechen nicht ungesühnt bleiben, egal wo auf dieser Welt sie begangen werden. Es braucht weitere Anklagen", fordert Amnesty-Völkerrechtsexperte Alexander Schwarz.
Enttäuschenderweise stellte das Gericht nicht fest, dass es sich bei der Versklavung der beiden Frauen um geschlechtsbezogene Verfolgung handelte, wie es Nebenklage und Bundesanwaltschaft beantragt hatten. Lücken bleiben daher bestehen und müssen für die Zukunft adressiert werden. "Geschlechtsbezogene Gewalt wie massenhaft begangenen Vergewaltigungen, die gezielte Versklavung von Frauen und anderen Formen sexualisierter Gewalt müssen von den Strafverfolgungsbehörden künftig berücksichtigt werden, was leider noch zu wenig stattfindet", kritisiert Amnesty-Experte Schwarz.
Völkerstrafrechtsexpert*innen von Amnesty International in Deutschland haben das Verfahren vor dem OLG Frankfurt seit Prozessbeginn im April 2020 beobachtet.