„Ich bin finanziell, moralisch und in jeder anderen Hinsicht sehr erschöpft. Ich kann tagsüber nicht einmal einen Laib Brot für meine Kinder auftreiben“, sagte Ruqaya, eine Lagerbewohnerin.
Die Menschen im Lager leben in sehr einfachen Lehmhäusern, die sie weder vor Insekten noch vor dem extremen Wüstenwetter schützen können. „Im Winter ist das Wetter trocken und sehr kalt. Wir haben Nylonsäcke und eine Zeitung, um uns in unserem Haus warm zu halten. Wir können keinen Diesel kaufen“, sagt Nidal, ein Mitglied des politischen Rates.
Gesundheitsversorgung in Trümmern
Das Lager verfügt über keine angemessenen medizinischen Einrichtungen und hat keine Ärzt*innen. Stattdessen sind die Bewohner*innen auf ein medizinisches Zentrum angewiesen, in dem einige Krankenschwestern arbeiten, deren Gehälter von den USA bezahlt werden. Die Pflegerinnen sind nicht qualifiziert, um Operationen durchzuführen.
„Es gibt Menschen, die zur Behandlung in die von der Regierung kontrollierten Gebiete gegangen und nicht zurückgekehrt sind. Die letzte Person, die das Lager verlassen hat, ist Fahd Muhammad Al-Harawi, 30 Jahre alt, verheiratet und Vater von drei Kindern... Vor einem Monat wurde er in Homs verhaftet und verschwand“, sagte Nidal.
In den letzten Monaten mussten zwei schwangere Frauen per Kaiserschnitt entbunden werden und ihre Babys starben, berichtete der Leiter des Medienbüros des Lagers gegenüber Amnesty international. Er fügte hinzu, dass im Mai mindestens 500 Kinder an Gelbsucht litten.
Amnesty International sprach mit einem ehemaligen Krankenpfleger des Lagers, der berichtete: „Es gab auch Fälle von Windpocken und Masern mit hohem Fieber, vor allem bei Kindern, und Medikamente gegen Fieber sind im Lager sehr selten zu finden. Wir haben kein Paracetamol [Schmerzmittel und Fiebersenker], das wir dringend brauchen. Auch an Babynahrung mangelt es im Lager. Die Säuglinge werden mit [Ziegen-]Milch gefüttert, die für sie nicht geeignet ist.“
Sicherheit im Tausch gegen Nahrung
Die meisten Bewohner*innen des Lagers flohen vor etwa zehn Jahren in das Gebiet, um der Gewalt der syrischen und russischen Streitkräfte und der mit ihnen verbundenen Milizen sowie des Islamischen Staates zu entkommen. Viele gehörten der syrischen Oppositionsbewegung an oder waren von den syrischen Sicherheitskräften übergelaufen.
Amnesty International hat dokumentiert, wie die syrischen Behörden zwischen 2017 und 2021 gezielt gegen Rückkehrende aus Rukban vorgegangen sind und viele von ihnen willkürlich inhaftiert, zwangsverschleppt, gefoltert und anderweitig misshandelt haben. Mohammad Derbas al-Khalidi, ein Mitglied des politischen Rates in Rukban, berichtete, dass Personen, die in die von der Regierung kontrollierten Gebiete gingen, weiterhin festgenommen, von den syrischen Regierungstruppen zwangsrekrutiert oder an der Rückkehr in ihre Dörfer gehindert werden.
Ein anderes Mitglied des politischen Rates sagte, die Bewohner des Lagers zögerten, Rukban zu verlassen, weil es aufgrund der Kontrolle des US-Militärs über das Gebiet vor den syrischen Regierungstruppen und den mit ihnen verbundenen Milizen sicher sei. Gegenüber Amnesty International meinte er: „Jetzt zahlen sie den Preis dafür. Die Sicherheit, die es gibt, gibt es nur im Tausch gegen Lebensmittel.“
Jordanien schiebt unrechtmäßig Menschen nach Rukban ab, ohne Rücksicht auf Verluste
Nach Angaben von Mohammad al-Fadil, einem Mitglied des politischen Rates, schiebt Jordanien weiterhin jedes Jahr schätzungsweise 100 bis 150 Syrer*innen in das Lager Rukban ab. Er schätzt, dass mehr als 1.400 Syrer*innen in jordanischen Gefängnissen unter Abschiebungsbefehl stehen und Gefahr laufen, in das Lager Rukban gebracht zu werden.
Amnesty international sprach mit zwei Syrern, die im April 2024 nach Rukban deportiert worden waren. „Sie [die jordanischen Behörden] haben mir die Augen verbunden, meine Hände und Füße gefesselt und mich ins Lager Al-Rukban gebracht. Was haben wir getan, um das zu verdienen? Sie schlugen mir auf die Augen und den Kopf. Sie wollten uns nicht in Jordanien haben, gut, aber es gibt etwas, das man Mitgefühl und Barmherzigkeit nennt. Ich bin ein Mensch wie ihr“, sagte einer der Männer, der beschrieb, wie die jordanischen Behörden ihn nach Rukban deportierten, nachdem er mit jordanischen Männern gestritten hatte, die seine Kinder schlugen. Er berichtete, dass er zusammen mit neun anderen syrischen Männern im Jahr 2024 nach Rukban abgeschoben wurde.
„Ich habe fünf Kinder in Jordanien. Ich möchte nur wie jeder andere Mensch leben. Wohin soll ich gehen? Wenn ich nach Syrien gehe, ist mein Leben in Gefahr. Im Lager Rukban werden wir vor Hunger sterben. Es ist uns verboten, nach Jordanien zurückzukehren. Die Menschen denken darüber nach, Selbstmord zu begehen.“
Amnesty International hat bereits dokumentiert, dass die jordanischen Behörden am 10. August 2020 mindestens 16 syrische Flüchtlinge, darunter Kinder zwischen vier und 14 Jahren, nach Rukban abgeschoben haben.
Die zwangsweise Rückführung von Flüchtlingen an einen Ort, an dem ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen oder Misshandlungen drohen, verstößt gegen den völkerrechtlichen Grundsatz der Nichtzurückweisung. Die jordanische Regierung muss ihren internationalen Verpflichtungen zum Schutz von Flüchtlingen nachkommen und davon absehen, Syrer*innen in ihr Land zurückzudrängen.