Der spanische Staatsangehörige Mariano García Calatayud wurde im April 2023 75 Jahre alt. Er war seit 2014 als Freiwilliger in der Ukraine tätig und unterstützte vom Krieg betroffene Kinder. Er blieb in Cherson, nachdem die russischen Truppen die Stadt im Februar 2022 besetzt hatten. Mariano García Calatayud verschwand am 19. März 2022 in Cherson, nachdem er sich einem friedlichen Protest gegen die russische Besatzung angeschlossen hatte. Es gab Grund zu der Annahme, dass er wie Hunderte anderer von den russischen Besatzungstruppen festgehaltene Zivilpersonen auf die von Russland besetzte Krim gebracht und dort ohne offizielle Bestätigung in ein Haftzentrum gebracht wurde. Informationen über sein Schicksal und seinen Verbleib wurden von den Behörden nicht bekannt gegeben. Nach inoffiziellen Berichten, wie z. B. Informationen von ehemaligen Häftlingen oder Mitteilungen von Mitgefangenen mit russischem Pass, die von ihren Rechtsbeiständen besucht werden durften, wurde er bis April 2023 im Untersuchungsgefängnis Nr. 1 (SIZO-1) in Simferopol festgehalten. Nach Angaben des Rechtsbeistands von Mariano García Calatayud wurde er später in das neu eingerichtete Untersuchungsgefängnis Nr. 2 (SIZO-2) in Simferopol verlegt. Dieses Haftzentrum wurde Berichten zufolge gebaut, um die zahlreichen Gefangenen aus den russisch besetzten Gebieten unterzubringen, die Russland nach dem vollständigen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar 2022 gemacht hat.
Einige Personen, die vor kurzem aus russischer Haft entlassen wurden – solche Freilassungen sind selten, wobei einige aufgrund eines Gefangenenaustauschs oder aus anderen Gründen möglich sind –, berichteten, dass sie Mariano García Calatayud in den SIZOs in Simferopol gesehen haben und Zeugen seiner Verletzungen wurden, einschließlich derjenigen, die durch Elektroschocks, Hundebisse und sonstige Misshandlungen verursacht wurden.
Geheime Haft ist rechtswidrig und Verschwindenlassen stellt ein Verbrechen nach dem Völkerrecht dar. Die verschwundene Person befindet sich außerhalb des Schutzes des Gesetzes, was die Inanspruchnahme von Rechtsmitteln und Schutzgarantien unmöglich macht und sie in eine Situation völliger Schutzlosigkeit versetzt. Dies wiederum setzt sie der Gefahr anderer Menschenrechtsverletzungen wie Folter oder sogar Tötung aus. Diese Befürchtungen decken sich mit den Berichten über die Menschenrechtsverletzungen, die Mariano García Calatayud und zahllose andere Gefangene erlitten haben, die in der von Russland besetzten Ukraine verschwunden sind und Berichten zufolge von den russischen Behörden in unbestätigter Haft gehalten wurden. Sie sind offiziell keiner Straftat angeklagt, haben keinen Verfahrensstatus in einem Straf- oder Verwaltungsverfahren und keinen Rechtsstatus, so dass sie von keinem Gesetz geschützt werden (weder vom russischen, das Russland unrechtmäßig auf der Krim anwendet, noch vom ukrainischen, das nach dem humanitären Völkerrecht in den besetzten Gebieten gelten sollte). Unter den geheimen Gefangenen befinden sich auch Personen, die das so genannte "Filtrationsverfahren", ein missbräuchliches und erniedrigendes Auswahlverfahren, nicht bestanden haben – ein schockierender Verstoß gegen die internationalen Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht. Solche Menschenrechtsverletzungen müssen aufhören, und alle Verantwortlichen müssen in fairen Gerichtsverfahren zur Rechenschaft gezogen werden.
Es gibt keine verlässlichen Zahlen darüber, wie viele Zivilpersonen die russischen Besatzungstruppen in den ukrainischen Gebieten, die sie gegenwärtig halten oder früher unter ihrer Kontrolle hatten, festgenommen haben. Schätzungen gehen in die Tausende, darunter Hunderte von Personen, die in Haftanstalten auf der Krim festgehalten werden, dem Gebiet, das Russland seit seiner Besetzung 2014 kontrolliert. Einer der Hauptgründe dafür ist ihre unbestätigte Inhaftierung und anschließende Haft ohne Kontakt zur Außenwelt, was dem Verschwindenlassen gleichkommt. Amnesty International hat dokumentiert, dass russische Strafverfolgungsbehörden in großem Umfang auf das Verschwindenlassen von Personen zurückgreifen, auch in Russland und unter Umständen, die nichts mit dem Krieg Russlands in der Ukraine zu tun haben.
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