Die gemeinsame Erklärung enthält den besorgniserregenden Vorschlag, dass staatliche Schiffe die geretteten Menschen in ihren Herkunftsstaat bringen müssen. Diese Anforderung könnte zu ungerechtfertigten Verzögerungen bei den Ausschiffungen führen und aktive Rettungspatrouillen und Rettungseinsätze von EU-Marinen und Küstenwachen verhindern.
Darüber hinaus wird in der Erklärung betont, dass der Einsatz von Luftfahrzeugen zur Identifizierung von in Schwierigkeiten geratenen Schiffen verstärkt werden muss, es wird jedoch nicht auf die Wiedereinsetzung von Marineschiffen verwiesen. Parallel zu einem Abkommen über die Außerbetriebnahme und Verlegung von Schiffen sollten sich die EU-Minister verpflichten, eine ausreichende Anzahl von Schiffen auf den wichtigsten Seerouten einzusetzen und nichtstaatliche Rettungsaktionen in diesem Bereich zu unterstützen und zu ermöglichen.
Die in der gemeinsamen Erklärung enthaltene Verpflichtung, Asylwerber*innen innerhalb von vier Wochen nach ihrer Landung in die teilnehmenden Mitgliedstaaten zu verteilen, ist nach Ansicht von Amnesty International und Human Rights Watch ein positiver Schritt in Richtung einer breiteren Aufgabenteilung. Dieser Prozess sollte fair sein und sicherstellen, dass die Menschen nicht der Gefahr einer längeren Haft ausgesetzt werden und dass bestimmte Gruppen nicht aufgrund von Nationalität, ethnischer Zugehörigkeit oder anderen Faktoren diskriminiert werden. Zudem sollen zusätzliche Belastungen für Länder, in denen Menschen an Land gehen, vermieden werden.
Mit dem Vorschlag, dass die Mitgliedstaaten einen Teil der Menschen "unmittelbar nach der Landung" abschieben sollten, ohne weitere Prüfung außer einer grundlegenden Sicherheits- und ärztlichen Untersuchung, gewährleistet die gemeinsame Erklärung nicht die Einhaltung der Garantien gegen unsichere oder widerrechtliche Abschiebung. Die in Luxemburg versammelten EU-Minister*innen sollten sich auf einen Plan einigen, der den Zugang zu fairen und effizienten Asylverfahren und die Berücksichtigung der individuellen Schutzbedürfnisse oder -ansprüche, wie sie im internationalen und europäischen Recht verankert sind, gewährleistet.
Die gemeinsame Erklärung scheint in erster Linie darauf abzielen, die "Landungskrise" im zentralen Mittelmeerraum anzugehen. Aber auch in Griechenland, Spanien und Zypern, wo viele Menschen ankommen, die Aufnahme unter Druck steht und die humanitären Folgen angegangen werden müssen, sind gemeinsame Maßnahmen dringend erforderlich.