Die indigenen Gemeinden, die im Reservat La Delfina ansässig waren, siedelten im Jahr 1952 vom Norden der Provinz Cauca in den Distrikt Buenaventura, der größten Hafenstadt Kolumbiens am Pazifik, um. Sie waren auf der Suche nach geeignetem Land für Landwirtschaft und auf der Flucht vor der Gewalt in ihren Siedlungsgebieten. 2007 wurde das Reservat offiziell und rechtskräftig unter dem Namen Resguardo Indigena Nasa Embera Chami La Delfina gegründet und umfasst ein Gebiet von 2.706 Hektar. Angehörige der Nasa Kiwe und Embera Chamí aus allen Teilen der Pazifikregion haben sich in diesem Reservat angesiedelt.
Angehörige dieser Gemeinschaft waren außerdem im Jahr 2017 aktiv am Generalstreik in Buenaventura beteiligt. Damals berichtete Amnesty International von Unruhen und hob die exzessive Gewaltanwendung von Angehörigen des Militärs und der Polizei hervor (https://www.amnesty.de/mitmachen/urgent-action/traenengas-gegen-demonst…).
Zwei Hauptprobleme haben zu den Unruhen in Buenaventura geführt: Die Stadt wird einerseits schon seit langem systematisch von staatlichen Stellen vernachlässigt (das führt dazu, dass 80% der Bevölkerung in Armut leben und ihnen der Zugang zu grundlegenden Menschenrechten generell verwehrt wird). Zum anderen herrscht in der Region ein hohes Gewaltpotential, weil hier mehrere rivalisierende Gruppen ansässig sind, wie z. B. Drogenhändler_innen, kriminelle Banden und weitere bewaffnete Gruppen, darunter Guerillagruppen.
Vertreibung ist eine der schwerwiegendsten Menschenrechtsverletzungen, die im Rahmen eines bewaffneten Konflikts begangen werden können. Laut offiziellen Zahlen, die von der Institution UARIV (Unidad Para la Atención y Reparación Integral a las Víctimas - Einheit für Umfassende Opferbetreuung und Entschädigung) vorgelegt wurden, beläuft sich die Gesamtzahl der registrierten Opfer des bewaffneten Konflikts auf 8.532.636, von denen 7.265.072 Opfer von Vertreibung geworden sind.
Im Jahr 2004 stellte das Verfassungsgericht einen „verfassungswidrigen Zustand des Staates“ fest. Zum einen führte es die massiven und systematischen Verstöße gegen die Grundrechte der vertriebenen Personen im Land auf und nannte zum anderen die schleppende Unterstützung sowie keine umfassende Entschädigung der Opfer von institutioneller Seite. Auch 13 Jahre später scheint sich die Situation nicht verändert zu haben. Im Gegenteil, trotz der dramatischen Situation, in der sich Menschen und Gemeinschaften wiederfinden, wenn sie infolge eines bewaffneten Konflikts von ihrem Land fliehen müssen, hat es wenig Fortschritte in Bezug auf institutionelle Hilfsleistungen gegeben.
Das Verfassungsgericht hat wiederholt die entsprechenden Konsequenzen anerkannt, die eine Vertreibung für Angehörige einer indigenen Gemeinschaft bedeutet, sowie die Einflüsse, die die ungerechte Behandlung dieser Menschen verstärken. Nicht nur hat die Vertreibung Einfluss auf die körperliche Unversehrtheit und Bewegungsfreiheit der Betroffenen, sondern sie bringt auch ihre Traditionen und ihr kulturelles Überleben in Gefahr.