Recht auf soziale Sicherheit
Mit den im Juni 2022 verabschiedeten Änderungen des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes wurde eine Härtefallklausel für in Österreich lebende ausländische Staatsangehörige eingeführt. Zudem wurde ermöglicht, dass Menschen, die in Frauenhäusern oder Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe lebten, den vollen Bezug der Sozialhilfe erhielten. Ende des Jahres hatten vier Bundesländer die Änderungen teilweise umgesetzt, doch das Gesetz selbst verwehrte weiterhin zahlreichen Menschen Zugang zu einer angemessenen Sozialhilfe.
Recht auf angemessenes Wohnen
Im Jahr 2022 wurden einige Maßnahmen eingeführt, um Delogierungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie zu verhindern und Menschen zu unterstützen, die von Obdachlosigkeit bedroht waren. Allerdings blieben die Behörden säumig, eine nationale Wohnstrategie zu entwickeln und umzusetzen oder flächendeckende Angebote in der Wohnungslosenhilfe sicherzustellen. Mangelnde Informationen, hohe bürokratische Hürden, Sprachbarrieren und gesetzliche Regelungen, die zum Ausschluss der Anspruchsberechtigung sowohl von österreichischen als auch ausländischen Staatsangehörigen führten, bewirkten darüber hinaus, dass viele Menschen keinen Zugang zu den entsprechenden Unterstützungsleistungen erhielten.
Rechte von Frauen und Mädchen
Die Faktoren Gender und Mehrfachdiskriminierung wurden bei der Bereitstellung sozialer Dienstleistungen nicht ausreichend berücksichtigt. So waren die meisten Angebote der Wohnungslosenhilfe nicht geschlechtsspezifisch, sondern basierten auf den Bedürfnissen und Erfahrungen von Männern. Die vorgeschlagenen Reformen des Pflegesystems sorgten weder für die faire Entlohnung noch ausreichende soziale Sicherheit von Migrantinnen, die die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten in der häuslichen Pflege älterer Menschen ausmachten.
Im Laufe des Jahres 2022 wurden 28 Frauen aufgrund geschlechtsspezifischer Gewalt getötet. Gleichzeitig blieb die Kritik an zu wenig Plätzen in Frauenhäusern bestehen.
Im September kritisierten Frauenrechtsorganisationen die anhaltenden Hindernisse beim Zugang zu erschwinglichen und sicheren Schwangerschaftsabbrüchen.
Recht auf freie Meinungsäußerung
Die Pressefreiheit stand 2022 weiterhin unter Druck.
Bei mehreren Protesten in der Hauptstadt Wien hinderte die Polizei Journalist*innen an der Beobachtung und Berichterstattung bzw. schützte sie nicht angemessen vor Angriffen durch Demonstrierende. Bei der Räumung eines Protestcamps im April 2022 richtete die Polizei eine separate Pressezone für Journalist*innen ein, die so weit vom Camp entfernt war, dass eine angemessene Beobachtung der Ereignisse nicht möglich war.
Die Zahl an Einschüchterungsklagen (SLAPP-Klagen) stieg weiterhin, sowohl gegen Medienschaffende als auch gegen Journalist*innen.
Im März 2022 wurde Julian H., der eine Schlüsselrolle bei der Erstellung des „Ibiza-Videos“, in dem es um Korruption auf höchster politischer Ebene ging, gespielt hatte, , zu 41 Monaten Haft verurteilt. Es wurden Bedenken hinsichtlich der Einhaltung seines Rechts auf ein faires Verfahren geäußert.
Die Einführung des im Februar 2021 vorgeschlagenen Informationsfreiheitsgesetzes, das die Transparenz und das Vertrauen in die Politik und die Institutionen erhöhen sollte, blieb weiter aus.
Die EU-Kommission leitete ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich ein, weil die EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblower*innen noch immer nicht in nationales Recht umgesetzt worden war.