Glossar: Definitionen und Begriffe
In diesem Artikel wird „Folter oder andere grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung oder Strafe“ oft auf „Folter und andere Misshandlungen“ oder „Folter und andere Formen der Misshandlung“ verkürzt. An einigen Stellen wurde der Einfachheit halber lediglich „Folter“ geschrieben.
Folter
Die UN-Antifolterkonvention definiert Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe als „jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einer*einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einer*einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder eine*einen Dritte*n einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einer*einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden“. Andere rechtliche Definitionen, die in bestimmten Kontexten zur Anwendung kommen, begrenzen Folter nicht nur auf Handlungen, die von Angehörigen der staatlichen Behörden oder mit deren Duldung begangen werden.
Grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe sollten nicht als unterschiedliche Kategorien verstanden werden. Sie sind gleichermaßen durch das Völkerrecht verboten. Das Verbot gilt für jede Art der Behandlung oder Strafe, die als grausam, unmenschlich oder erniedrigend eingestuft werden kann. Das Völkerrecht enthält keine allgemeingültige Definition zu „anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe“. Internationale Normen stellen jedoch klar, dass größtmöglicher Schutz auch vor derartigen Übergriffen bestehen muss. In der Praxis stufen internationale und regionale Menschenrechtsgremien Handlungen dann als grausam, unmenschlich und erniedrigend ein, wenn nicht alle Voraussetzungen der oben genannten Definition von Folter erfüllt sind. So werden beispielsweise Handlungen, die nicht das Zufügen „großer“ Schmerzen umfassen, die nicht vorsätzlich durchgeführt werden oder die keinen bestimmten Zweck verfolgen, als grausam, unmenschlich und erniedrigend betrachtet. Es herrscht nicht immer Übereinstimmung, ob eine bestimmte Tat Folter oder anderer Misshandlung gleichkommt. Dennoch sind alle Formen der Folter und anderer Misshandlungen gemäß Völkerrecht – einschließlich Kriegsvölkerrecht – absolut verboten.
Körperstrafen
Darunter werden körperliche Bestrafungen verstanden, die durch richterliche Anordnung oder als Verwaltungsstrafe verhängt werden. Zu den Körperstrafen gehören Amputationen, Verbrennungen, Stockschläge, Prügelstrafen und Peitschenhiebe. Körperstrafen stellen immer eine grausame, unmenschliche oder erniedrigende Strafe dar und kommen in einigen Fällen der Folter gleich. Laut dem UN-Sonderberichterstatter über Folter, dem UN-Menschenrechtsausschuss und anderen Menschenrechtsinstitutionen stellen Körperstrafen – auch wenn sie in einem ordentlichen Gerichtsverfahren als Strafe für ein Verbrechen verhängt werden – aufgrund des Verbots der Folter und anderer Formen der Misshandlung unter keinen Umständen eine rechtmäßige Strafmaßnahme dar.
Incommunicado-Haft
Damit sind Situationen gemeint, in denen Inhaftierte keinerlei Kontakt zu Menschen außerhalb der Hafteinrichtung haben. Insbesondere geht es um die Verweigerung des Zugangs zu Rechtsbeiständen, Familienangehörigen und unabhängigen Gerichten. Während der Haft ohne Kontakt zur Außenwelt kommt es am häufigsten zu Fällen von Folter und anderen Misshandlungen sowie zu Verschwindenlassen. Dauert sie über einen längeren Zeitraum an, so kommt sie selbst Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe gleich. Haft ohne Kontakt zur Außenwelt ist nicht mit Einzelhaft gleichzusetzen. Mehrere Inhaftierte können gemeinsam in einer Zelle festgehalten werden oder miteinander in Kontakt stehen und trotzdem keinen Zugang zur Außenwelt erhalten.
Vergewaltigung
Verschiedene Rechtssysteme enthalten unterschiedliche rechtliche Definitionen von Folter, die sich im Laufe der Zeit entwickeln. Historisch betrachtet wurde Vergewaltigung als nicht einvernehmlicher heterosexueller Geschlechtsverkehr definiert. Das Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofs definierte Vergewaltigung dann geschlechtsneutral, als Übergriff, der nicht einvernehmliche Handlungen umfasst, die mit dem Einführen von Gegenständen verbunden sind, oder Körperöffnungen betreffen, die an sich nicht als sexualbezogen bewertet werden. Die Vergewaltigung einer Person durch eine*n Staatsangestellte*n, in deren*dessen Gewalt oder Gewahrsam sie sich befindet, wie zum Beispiel Gefängnisangestellte, Angehörige der Sicherheitskräfte oder des Militärs, ist immer als Folter zu betrachten, für die der Staat direkt verantwortlich ist. Amnesty International vertritt die Auffassung, dass auch Vergewaltigungen durch Privatpersonen Folterhandlungen darstellen können, für die der Staat die Verantwortung trägt, wenn er nicht mit der nötigen Sorgfalt versucht hat, derartige Verbrechen zu verhindern, zu bestrafen oder hierfür zu entschädigen.
Sind Staatsbedienstete an sexuellen Übergriffen beteiligt, bei denen es sich nicht um Vergewaltigung handelt, so werden diese entsprechend der jeweiligen Handlungen und Umstände entweder als Folter oder als Misshandlung betrachtet.
Tod in Gewahrsam
Beschreibt Todesfälle in Gefängnissen, anderen offiziellen oder inoffiziellen Hafteinrichtungen, Krankenhäusern oder anderen Umgebungen, in denen sich Inhaftierte im Gewahrsam der Strafverfolgungsbehörden, des Militärs oder des Staatsschutzes befinden
Verschwindenlassen
Dieser Begriff wird verwendet, wenn berechtigte Gründe zur Annahme bestehen, dass eine Person von Behörden, deren Angestellten oder von Personen, die mit der Duldung der Behörden handeln, festgenommen wurde, die Behörden sich weigern, dies zu bestätigen oder den Verbleib oder das Schicksal der Person verschleiern und sie damit dem Schutz des Gesetzes entziehen. Gemäß Völkerrecht gehören zu den Opfern des Verschwindenlassens neben der verschwundenen Person selbst auch deren Familienangehörige.
Geheime Haft
Mit geheimer Haft wird die Inhaftierung einer Person an einem unbekannten Ort bezeichnet, wobei oftmals nicht einmal die Inhaftierung an sich bekannt gemacht wird. Als unbekannte Haftorte werden solche betrachtet, die nicht öffentlich bekannt sind, wie Privathäuser oder -wohnungen, Militärlager, Geheimgefängnisse oder versteckte Bereiche in größeren Einrichtungen. Geheime Haft ist gemäß Völkerrecht verboten. Die meisten Fälle von geheimer Haft entsprechen zudem der internationalen Definition des Verschwindenlassens.
Einzelhaft
Bei der Einzelhaft wird ein Häftling von anderen isoliert festgehalten. In den meisten Fällen haben solche Inhaftierte auch kaum Kontakt zum Gefängnispersonal. Einzelhaft kann Folter oder anderen Formen der Misshandlung gleichkommen. Dies hängt von der Dauer der Einzelhaft, den weiteren Umständen und dem Ausmaß des aus der Einzelhaft resultierenden Reizentzugs ab. Eine solche Form der Inhaftierung kann Folter und andere Misshandlungen begünstigen. Einzelhaft darf nicht mit Haft ohne Kontakt zur Außenwelt verwechselt werden. Ein Häftling, der isoliert von anderen Inhaftierten festgehalten wird, kann trotzdem Zugang zum Beispiel zu Rechtsbeiständen, Familienangehörigen oder unabhängiger medizinischer Betreuung haben. Einzelhaft kann schwerwiegende negative Folgen für die psychische und physische Gesundheit der Inhaftierten haben. Kein Häftling sollte Einzelhaft oder Reizentzug über lange Zeiträume ausgesetzt werden. Einzelhaft sollte für Kinder, für Personen mit psychischen und anderen Beeinträchtigungen, für Personen mit gesundheitlichen Beschwerden sowie für schwangere Frauen oder Frauen mit Kleinkindern verboten sein.