Beispiele aus dem Bericht
Die dreifache Olympiamedaillengewinnerin Aliaksandra Herasimenia leitet seit zwei Jahren Schwimmkurse für Kinder, nachdem sie das Wettbewerbsschwimmen an den Nagel gehängt hat. Sie fühlte sich verpflichtet, in den sozialen Medien Stellung zu beziehen, stand aber vor einem Dilemma: „Ich hatte die Wahl, entweder meine Meinung zu vertreten oder nichts zu sagen. Für unsere Kurse mieten wir Schwimmbäder vom Staat, daher war mir klar: Wenn ich meine Ansichten vertrete, wird das auch Folgen für meine Kolleg*innen und die Kinder haben. Zuerst wusste ich nicht, was ich tun sollte, doch nach ein paar Tagen wurde mir klar, dass ich nicht länger schweigen konnte“, erinnert sie sich im Gespräch mit Amnesty International. Es kam, wie es kommen musste: Innerhalb weniger Tage durfte sie kein einziges Schwimmbad mehr benutzen.
Aliaksandra Herasimenia ist mittlerweile Vorsitzende der BSSF, die sich beim Internationalen Olympischen Komitee erfolgreich dafür eingesetzt hat, Alexander Lukaschenko als Leiter des Nationalen Olympischen Komitees zu ersetzen und einige internationale Sportveranstaltungen nicht in Belarus abzuhalten.
Am 2. April 2021 erklärte die belarussische Ermittlungsbehörde, dass ein Strafverfahren gegen Aliaksandra Herasimenia und ihren Kollegen Alexander Apeikin, den BSSF-Direktor, eingeleitet worden sei. Man wirft ihnen vor, „zu Handlungen aufgerufen zu haben, um die nationale Sicherheit zu gefährden“. Dieser Straftatbestand kann mit bis zu sieben Jahren Haft geahndet werden.
Alena Leutschanka, eine der bekanntesten Athlet*innen in Belarus, ist eine Basketballspielerin, die bei den Olympischen Spielen schon zweimal Gold geholt hat. Sie äußerte sich öffentlich zu den Geschehnissen in Belarus, indem sie den offenen Brief unterzeichnete und ihre Ansichten in den sozialen Medien vertrat. Am 30. September 2020 wurde sie am Flughafen von Minsk festgenommen, als sie für die Behandlung einer Sportverletzung nach Griechenland fliegen wollte. Sie verbrachte 15 Tage in der berüchtigten Hafteinrichtung Akrestsina in Minsk und sagte Amnesty International, dass man die Inhaftierten in ihrer Zelle ganz besonders rau behandelte. „In der ersten Nacht hatten wir Matratzen und fließend Wasser. Doch zwei Tage später spitzte sich alles zu. Nach dem Frühstück befahl man uns, unsere Matratzen zusammenzurollen... Anfangs dachten wir, sie hätten uns die Matratzen nur zum Auslüften weggenommen, um die Flöhe und Wanzen loszuwerden; doch wir haben sie nie zurückbekommen.“ Alena Leutschanka verbrachte 15 Tage in einer Zelle, die für vier Personen ausgelegt war, in der meist jedoch fünf Personen festgehalten wurden. Da sie gezwungen waren, auf den Metallgestellen der Betten zu schlafen, versuchten sie, es sich mit Kleidungsstücken, Zeitungspapier und Hygienebinden bequemer zu machen. Die Leitung der Hafteinrichtung sagte zu ihnen, dass dies Absicht sei, „um dafür zu sorgen, dass sie nicht wiederkommen wollten“.