Hintergrund: Tausende Roma unrechtmäßig sterilisiert
Nach Angaben des tschechischen Ombudsmannes wurden in der ehemaligen Tschechoslowakei Tausende von Roma-Frauen sterilisiert. Dies passierte vor dem Hintergrund einer weit verbreiteten Diskriminierung der Roma, die sich auf jeden Aspekt ihres täglichen Lebens auswirkte und bis heute anhält: in Schulen, der Arbeitswelt bis hin zu Wohnungen, wo sie regelmäßig Rassentrennung erleben und an den Rand gedrängt werden.
Wie vom Europäischen Zentrum für die Rechte der Roma dokumentiert, wurde die Sterilisation oft gleichzeitig mit einem Kaiserschnitt durchgeführt oder den Frauen wurden Einverständniserklärungen vorgelegt, wenn sie während der Wehen oder der Entbindung unter großen Schmerzen litten. Es gab auch Fälle, in denen sich Roma-Frauen dem Eingriff unterzogen, nachdem ihnen gedroht wurde, ihre Kinder in ein Heim einzuweisen oder ihnen die Sozialhilfe zu entziehen.
Nach jahrelangen Kampagnen von Überlebenden, darunter Elena Gorolová, entschuldigte sich die tschechische Regierung 2009 bei ihnen für die unrechtmäßigen Sterilisationen. Bis heute wurde ihnen jedoch ihr Menschenrecht auf Wiedergutmachung für das schwere Leid, das sie erlitten haben, verweigert, und jede Form von gerichtlichem Rechtsbehelf war für die meisten Überlebenden aufgrund der Verjährung unerreichbar.
Entschädigung von knapp 12.000 Euro
Das heute vom Senat verabschiedete Entschädigungsgesetz gilt für alle Personen, die zwischen 1966 und 2012 unrechtmäßig sterilisiert wurden. Das neue Gesetz legt ein Verfahren für Betroffene fest, um eine Entschädigung zu beantragen. Zur Unterstützung des Anspruchs müssen Beweise und eine Beschreibung des Falles vorgelegt werden, einschließlich des Namens des Krankenhauses, in dem die unrechtmäßige Sterilisation durchgeführt wurde. Überlebende unrechtmäßiger Sterilisationen haben innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von 300.000 CZK (rund 11.700 Euro), die über das Ministerium für Gesundheitswesen beantragt werden muss.
Unrechtmäßige Sterilisationen sind Folter
Laut UN-Sonderberichterstatter über Folter sind Sterilisationen eine Behandlung von intrusiver und irreversibler Natur. Wenn sie keinen therapeutischen Zweck haben und ohne die freie und informierte Zustimmung durchgeführt werden, stellen sie Folter oder Misshandlung dar, die laut Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention verboten sind.
Titelbild: Elena Gorolova ist eine der Frauen, die gegen ihre Zwangssterilisation Beschwerde einreichten und kämpft für die Rechte von Frauen und gegen Diskriminierung (Aufnahme aus dem Jahr 2006).