Zwei Personen berichteten Amnesty International, dass sie Zellengenoss*innen im Zentralgefängnis in Jizan, respektive im Gefängnis in Jeddah, davon abgehalten hätten, sich das Leben zu nehmen. Die Hauptgründe für die Verzweiflung der Menschen seien die Ungewissheit der Situation sowie die Hitze und der Nahrungsmangel.
Die 24-jährige Abeba beschrieb den psychischen Zustand von einigen Personen, mit denen sie in al-Dayer inhaftiert war:
„Einige Frauen sprechen mit sich selbst, andere ziehen sich nicht richtig an und einige können ihre Blase nicht kontrollieren.“
Amnesty International ist nicht bekannt, dass es in den Haftzentren psychiatrische Einrichtungen gibt. Viele der Inhaftierten sind nicht nur wegen ihrer Haft traumatisiert, sondern auch wegen der entsetzlichen Erlebnisse bei der Durchreise durch den Jemen. Abeba, die mit ihrer 19-jährigen Schwester Äthiopien verlassen hat, gab an, dass viele Frauen während ihres Aufenthalts im Jemen von jemenitischen Polizisten und Schmugglern vergewaltigt worden seien.
„Meine Schwester ist im fünften Monat schwanger. Sie wurde im Jemen vergewaltigt. Jedes Mal, wenn ich sie frage, wer es getan hat, fängt sie an zu weinen,“ sagte sie.
Schwangere Frauen und Kinder in großer Gefahr
Laut Inhaftierten gibt es viele schwangere Frauen in Haft. Die 20-jährige Roza, die zur Zeit des Interviews im sechsten Monat schwanger war, erzählte von 30 weiteren schwangeren Frauen allein in ihrer Zelle im Zentralgefängnis in Jizan. Keine der schwangeren Frauen soll angemessene medizinische Versorgung erhalten haben.
Roza berichtete, dass die Gefängniswärter sie in Ketten legten und sie in Paaren zusammenketteten, als sie endlich zu einer*m Ärzt*in in Jeddah gebracht wurden. Sie wurden zwar in einen Untersuchungsraum geführt, wurden aber nicht alle angemessen medizinisch versorgt. Laut Roza erhielten alle Frauen dieselben Medikamente. Roza wurde ein Ultraschall verweigert – sie hat während ihrer ganzen Schwangerschaft kein Ultraschallbild machen dürfen.
Mehrere Frauen brachten während der Haft Kinder zur Welt. Nach einem kurzen Aufenthalt in einer medizinischen Einrichtung mussten sie in dieselben unhygienischen Verhältnisse zurückkehren. Drei Frauen erzählten, dass zwei Babys und drei Kleinkinder in den Gefängnissen in al-Dayer, in Jeddah und in Mekka gestorben seien.
Abeba sagte Amnesty International:
„Die Kinder in al-Dayer wurden krank, weil wir an einem schmutzigen Ort schlafen mussten, es zu heiß war und wir nicht genügend Nahrung erhielten. Sie hatten Durchfall und waren sehr dünn. Man brachte sie ins Krankenhaus und dort starben sie.“
Inhaftierte erleben Folter und Misshandlungen
Zwei Inhaftierte gaben an, dass Gefängniswärter ihnen und anderen Gefangenen als Bestrafung für ihre Beschwerden über die schlechten Haftbedingungen Elektroschocks unterzogen.