"Laut unserem Jahresbericht wurden in 22 Ländern Menschen ermordet, die sich friedlich für ihre Rechte eingesetzt haben. Zum Beispiel in Honduras, wo Berta Cáceres, die für Landrechte der Indigenen kämpfte, umgebracht wurde. Mindestens 23 Staaten begingen Kriegsverbrechen, und in 36 Ländern wurden Menschen auf der Flucht illegal in ein Land abgeschoben, in dem sie nicht sicher waren, wie zum Beispiel in Griechenland", sagt Annemarie Schlack.
Rückschritte für die Menschenrechte weltweit
Der globale Trend hin zu einer feindseligen politischen Rhetorik wurde im Wahlkampf von Donald Trump in den USA bespielhaft vorgeführt, aber auch in anderen Teilen der Welt sichern sich Politiker*innen ihren Machterhalt mit Angstmacherei und Schuldzuweisungen.
Diese Rhetorik ist allgegenwärtig geworden und bestimmt zunehmend staatliches Handeln. Im Jahr 2016 haben Regierungen die Augen vor Kriegsverbrechen verschlossen und Deals durchgesetzt, die das Asylrecht in Frage stellen. Es wurden Gesetze verabschiedet, die die freie Meinungsäußerung verletzen oder zum Mord an vermeintlichen Drogensüchtigen aufrufen. Folter und Massenüberwachung wurden für legitim erklärt, den Sicherheitskräften umfassende Macht zugesprochen.
Flüchtlinge und Migrant*innen zu Sündenböcken erklärt
Viele Regierungen nahmen Flüchtlinge sowie Migrant*innen ins Visier. Der Jahresbericht von Amnesty International dokumentiert, wie 36 Staaten internationales Recht gebrochen haben, indem sie widerrechtlich Flüchtlinge in Länder zurückschickten, in denen ihnen Gefahr an Leib und Leben drohte.
Unlängst hat US-Präsident Trump seine hasserfüllte Wahlkampfrhetorik in die Tat umgesetzt und per Dekret versucht, Menschen, die auf der Flucht vor Kriegen wie in Syrien sind, davon abzuhalten, Schutz in den USA zu suchen. Australien interniert Flüchtlinge auf den Pazifikinseln Nauru und Manus. Die EU hat einen illegalen und unverantwortlichen Deal mit der Türkei abgeschlossen, mit welchem Flüchtlinge in die Türkei zurückgeschickt werden sollen, obwohl sie dort nicht sicher sind. Und die USA und Mexiko deportieren weiterhin Menschen, die vor der grassierenden Gewalt in Zentralamerika fliehen.
"Trump hat mit dem Einreiseverbot von syrischen Flüchtlingen die Ausgrenzung einer Gruppe, die besonders schutzbedürftig ist, noch auf die Spitze getrieben. Sein Mittel der Ausgrenzung ist Twitter. In 144 Zeichen teilt er die Welt in Amerikaner und Mexikaner, Christen gegen Muslime. Es ist erschreckend, wie schnell diese Ausgrenzungspolitik real wird und Menschen dazu bringt manipulieren, wider besseres Wissen gegen Unschuldige vorzugehen", sagt Annemarie Schlack.
Die Welt verschließt ihre Augen vor Kriegsverbrechen
Amnesty International befürchtet, dass sich laufende Konflikte im Jahr 2017 weiter verschärfen. Die Politik ‚Wir gegen die Anderen‘ nimmt auch in internationalen Beziehungen Form an und ersetzt den Multilateralismus durch eine aggressivere und konfrontativere Weltordnung. Der Uno-Sicherheitsrat bleibt durch die Rivalität der Vetomächte paralysiert.
„Die internationale Gemeinschaft hat auf unzählige Menschenrechtsverletzungen im Jahr 2016 mit Schweigen reagiert: Der unmenschliche Krieg in Syrien, die tausenden Toten auf den Philippinen, die im Drogenkrieg von der Polizei erschossen wurden, Rssland, wo Gewalt in der Ehe legalisiert wurde. Die große Frage für 2017 wird sein, wie lange die Welt noch zuschaut, bis sie etwas gegen diese Gräueltaten unternimmt,“ so Annemarie Schlack weiter.
Wer steht für die Menschenrechte ein?
Amnesty International ruft die Menschen weltweit auf, sich gegen die zynischen Versuche aufzulehnen, Menschenrechte für Versprechen von Wohlstand oder Sicherheit einzutauschen. Der Jahresbericht weist darauf hin, dass die globale Solidarität und die öffentliche Mobilisierung künftig besonders wichtig sein werden, um Personen zu schützen, die es wagen, sich gegen die Herrschenden zur Wehr zu setzen und unsere Rechte zu verteidigen.
„Wir können uns nicht länger auf die Regierungen verlassen, wenn es um den Schutz der Menschenrechte geht. Wir müssen gemeinsam unseren Regierungen klar machen, dass wir Halt und Orientierung auf Grundlage unserer Menschenrechte wünschen, und uns nicht auseinander dividieren lassen. Nur so wird die Zukunft friedlich und sicher für uns alle sein,“ so Annemarie Schlack abschließend.