Tausende in Lagern verhungert
Die Menschen in den Lagern sahen sich von Anfang 2015 bis Mitte 2016 mit einer akuten Nahrungsmittelknappheit konfrontiert. Mindestens Hunderte wenn nicht Tausende starben in dieser Zeit allein im Lager des Bama-Spitals. Die Befragten berichteten übereinstimmend, dass in diesen Monaten dort täglich 15 bis 30 Menschen an Hunger und Krankheit starben. Satellitenbilder belegen, dass sich der Friedhof im Lager während dieser Zeit schnell ausdehnte – die Aussagen der Betroffenen konnten so bestätigt werden. Auch in anderen Außenlagern wie Banki und Dikwa gab es täglich Tote.
Ab Juni 2016 stockten die UNO und andere humanitäre Organisationen die Hilfe in den Lagern auf. Trotzdem berichteten viele Frauen von mangelnder Lebensmittelversorgung. Korruption in großem Stil führte dazu, dass die Hilfe viele Menschen nicht erreichte.
„Menschen in Lagern ohne ausreichende Nahrung einzusperren, obwohl die Verwalter der Lager wussten, dass die Bedingungen zu Todesfällen führen, verletzt die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht. Diejenigen, die dies zugelassen haben, können des Mordes schuldig sein“, sagte Osai Ojigho.
Schockierende Berichte aus der Giwa-Kaserne
Die Untersuchungen von Amnesty International zeigen außerdem, dass seit 2015 Hunderte Frauen mit ihren Kindern in der berüchtigten Giwa-Kaserne festgehalten werden. Viele der Inhaftierten waren von Boko Haram entführt und zwangsverheiratet worden. Anstatt gerettet zu werden, wurden sie vom Militär als sogenannte „Boko-Haram-Frauen“ festgehalten.
Amnesty International erhielt fünf Berichte über sexuelle Gewalt in der Giwa-Kaserne, während sieben Frauen sagten, sie hätten in ihren schmutzigen, überfüllten Zellen ohne medizinische Hilfe Kinder zur Welt bringen müssen. Mindestens 32 Babys und Kinder und fünf Frauen sind seit 2016 dort in Haft gestorben.
Zeit zu Handeln
Bereits seit 2015 berichten verschiedene NGOs und humanitäre Organisationen über sexuelle Gewalt und Todesfälle in Lagern für Binnenvertriebene im Nordosten Nigerias. Während die Behörden mehrfach versprochen haben, solche Berichte zu untersuchen, gab es keine konkreten Maßnahmen, um das Problem anzugehen, und niemand scheint vor Gericht gestellt worden zu sein.
„Jetzt ist es an der Zeit, dass Nigerias Präsident Muhammadu Buhari sein Engagement für den Schutz der Menschenrechte der Vertriebenen im Nordosten Nigerias unter Beweis stellt. Der einzige Weg, diese schrecklichen Verletzungen zu beenden, ist, das Klima der Straflosigkeit in der Region zu beenden und sicherzustellen, dass niemand mit Vergewaltigung oder Mord davonkommt“, sagte Osai Ojigho.
Der Bericht von Amnesty International ist das Ergebnis einer umfassenden Untersuchung mit mehr als 250 Interviews. Untersucht wurden die Außenlager, die vom Militär in sieben Städten im Bundesstaat Borno errichtet wurden, darunter Bama, Banki, Rann und Dikwa. Zudem wurden Videos, Fotos und Satellitenbilder ausgewertet.