Und weiter: „Die UN-Mitgliedstaaten, die sich besorgt über das Recht auf freie Meinungsäußerung in Bangladesch gezeigt haben, müssen diese Besorgnis angesichts der anhaltenden Menschenrechtsverstöße unter dem DSA weiterhin zum Ausdruck bringen. Sie müssen außerdem mit den bangladeschischen Behörden an der Umsetzung ihrer Empfehlungen arbeiten, damit sichergestellt wird, dass kritische Stimmen nicht länger zum Schweigen gebracht werden.“
Hintergrund
Der im Oktober 2018 eingeführte DSA wird zunehmend eingesetzt, um abweichende Meinungen in den Sozialen Medien, auf Internetseiten und anderen digitalen Plattformen zu unterdrücken. Den Betroffenen drohen bis zu lebenslange Haftstrafen. Das Gesetz erteilt den Strafverfolgungsbehörden willkürliche Befugnisse, Durchsuchungen durchzuführen, Geräte und deren Inhalte zu beschlagnahmen und Personen ohne Haftbefehl zu inhaftieren, nur weil sie einen Kommentar im Internet geteilt haben. Dieses Vorgehen stellt einen Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung dar, das im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) verankert ist, zu dessen Vertragsstaaten Bangladesch gehört.
Noch vor Inkrafttreten des DSA äußerten die UN-Sonderberichterstatter*innen für Meinungsfreiheit und die Lage der Menschenrechtsverteidiger*innen Bedenken. Im Rahmen der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung (Universal Periodic Review, UPR) empfahlen zahlreiche UN-Mitgliedsstaaten der Regierung von Bangladesch, den DSA zu ändern, um „die Meinungsfreiheit im Internet sicherzustellen“. Obwohl die bangladeschische Regierung diese Empfehlung annahm, versäumte sie bisher deren Umsetzung. Stattdessen geht sie weiterhin massiv gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung vor.
Amnesty International hat ein besorgniserregendes Muster festgestellt, nach dem die Behörden die Paragrafen 25 (Weitergabe, Veröffentlichung etc. von beleidigenden, falschen oder bedrohlichen Dateninformationen), 29 (Veröffentlichung, Weitergabe etc. von verleumderischen Informationen) und 31 (Straftatbestand und Strafe für die Gefährdung von Recht und Ordnung etc.) des Sicherheitsgesetzes als Waffe einsetzen, um kritische Stimmen ins Visier zu nehmen und zu schikanieren.
Das Cyber-Tribunal mit Sitz in Dhaka, vor dem Straftaten im Internet – einschließlich der Fälle unter dem DSA – verhandelt werden, hat zwischen 1. Jänner und 6. Mai 2021 199 Fälle bearbeitet. Amnesty International stellte fest, dass 134 dieser Fälle auf Grundlage der drei genannten Paragrafen des DSA verhandelt wurden. In 80 Prozent dieser Fälle (107 von 134 Fällen) wurden die Verfahren sowohl nach Paragraf 25 als auch nach Paragraf 29 des DSA eingeleitet. Das Cyber-Tribunal hat im Berichtszeitraum fast 50 Prozent der Fälle (97 von 199 Fällen) wegen mangelnder Begründung und Beweise abgewiesen. Das macht jedoch die Menschenrechtsverletzungen, die die Betroffenen erlitten haben, nicht ungeschehen – einschließlich ihrer Inhaftierung über längere Zeiträume, noch bevor die Fälle überhaupt vor Gericht waren.
Im Rahmen des Berichts von Amnesty International zeigte sich, dass in sechs von zehn Fällen alle drei Paragrafen des DAS, gegen drei weitere Personen die Paragrafen 25 und 31 angewendet wurden. Die Klagen gegen acht der zehn Personen, deren Fälle im Rahmen des Berichts untersucht wurden, wurden von Vertreter*innen gesetzgebender oder Strafverfolgungsbehörden oder von Mitgliedern der Regierungspartei Awami League eingereicht.