„Dennoch finden diese Frauen die Kraft, sich öffentlich gegen diese Zustände zu wehren. Diejenigen, die Regierungsverantwortung tragen, müssen den Betroffenen zuhören und entsprechend handeln“, sagte Kumi Naidoo, und weiter: „In Zeiten von #MeToo und #TimesUp sind wir stolz, Seite an Seite mit unseren geflohenen Schwestern in Griechenland zu stehen und zu sagen: ‚Wir sehen euch, wir hören euch, wir glauben euch und wir kämpfen an eurer Seite‘.“
Frauen, die sich auf den Weg nach Europa machen, sind in besonderer Gefahr, körperlicher, verbaler und sexualisierter Übergriffe durch Schlepper*innen ausgesetzt zu werden. Selbst wenn sie es nach Europa schaffen, ist ihr Leidensweg noch nicht zu Ende. Die Mehrheit der Geflüchteten und Migrant*innen, die in Griechenland eintreffen, sind mittlerweile Frauen und Kinder – in diesem Jahr waren es bis jetzt knapp über 60 Prozent.
Die Situation auf den griechischen Inseln wird immer kritischer. Daher fordern Betroffene die griechischen Behörden auf, die Menschen auf den Inseln nicht mehr dieser ausweglosen Situation auszusetzen: Die Aufnahmebedingungen auf dem Festland müssen verbessert werden und die europäischen Regierungen müssen den geflüchteten Frauen dringend die Unterstützung und den Schutz gewähren, die ihnen zustehen.
Situation auf der Insel eskaliert
Die Lager sind hoffnungslos überfüllt: Mehr als 15.500 Menschen sind in fünf Flüchtlingslagern auf den Inseln untergebracht, die eigentlich für etwa 6.400 Menschen konzipiert sind. Tausende Menschen, darunter viele mit spezifischen Bedürfnissen – wie Menschen mit Behinderungen oder Babies – schlafen in Zelten außerhalb des offiziellen Lagers. Mangelhafte oder fehlende sanitäre Einrichtungen, zu wenig sauberes Trinkwasser, offen durch das Lager fließendes Abwasser sowie Ratten- und Mäuseplagen prägen das Leben in allen Flüchtlingslagern.
Die Situation hat ein krisenhaftes Ausmaß angenommen, berichten Betroffene. „Es wird jeden Tag schlimmer ... Das Lager ist so überfüllt“, sagt eine Frau im Camp Moria auf Lesbos, das derzeit zweieinhalb Mal so viele Menschen beherbergt wie die vorgesehene Kapazität von 3.100.
Kaum medizinische Betreuung und keine Privatsphäre
Obwohl alle unter diesen Bedingungen leiden, ist es für Frauen und Mädchen oft nochmals schlimmer: Mehrere schwangere Frauen haben Amnesty International erzählt, dass sie auf dem Boden schlafen müssen und keinen oder nur minimalen Zugang zu pränataler Betreuung haben. Im vergangenen Monat soll eine Frau ohne medizinische Betreuung in einem Zelt im Camp Moria ein Kind zur Welt gebracht haben.
Weil die Waschraumtüren nicht abschließbar sind und die Beleuchtung mangelhaft ist, werden die gewöhnlichen Tagesaktivitäten, wie der Gang zur Toilette oder das Duschen zu einer Gefahrenquelle für Frauen und Mädchen.