Schwerwiegende Missbräuche bis hin zu Zwangsarbeit
Jeder der Arbeitsmigranten, die mehrheitlich aus Bangladesch, Indien und Nepal stammen und mit welchen Amnesty zwischen Februar und May 2015 sprach, berichtete von Missbräuchen der einen oder anderen Art. Dazu gehören:
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heruntergekommene und überfüllte Unterkünfte,
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die Bezahlung von hohen Gebühren an die Job-Vermittler in den Heimatländern (500 bis 4.300 US-Dollar),
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Täuschung über den Lohn oder die Art der Arbeit,
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monatelang ausbleibende Lohnzahlungen,
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keine Erneuerung der Niederlassungsbewilligung durch die Arbeitgeber,
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Konfiszierung der Pässe durch die Arbeitgeber und Nicht-Ausstellung von Ausreisebewilligungen, weshalb die Betroffenen das Land nicht verlassen konnten,
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Drohungen bei Kritik an den Arbeitsbedingungen.
Amnesty International fand auch Beweise, wonach Arbeitsleistungen erpresst und Löhne zurückbehalten wurden, Arbeiter wurden der Polizei übergeben oder an der Ausreise gehindert. Nach internationalem Recht wird dies als Zwangsarbeit angesehen.
Druck der Sponsoren und der FIFA nötig
Das für die Organisierung der WM zuständige katarische Komitee hat 2014 Sozialstandards für die Bauarbeiter der Stadien veröffentlicht. „Das Komitee hat aber Mühe, diese Standards durchzusetzen. In einem Umfeld, in welchem die katarische Regierung nicht handelt und die FIFA gleichgültig bliebt, wird eine WM ohne weitere Missbräuche nahezu unmöglich“, so Shetty.
Amnesty International ruft die wichtigsten WM-Sponsoren wie Adidas, Coca-Cola und McDonald‘s dazu auf, Druck auf die FIFA auszuüben, damit diese die Ausbeutung der Arbeiter im Khalifa Stadion thematisiert und Pläne zur Verhinderung weiterer Missbräuche bei WM-Projekten erarbeitet. Die FIFA muss Katar dazu drängen, einen umfassenden Reformplan zu präsentieren und zwar vor dem Höhepunkt der Bautätigkeiten Mitte 2017.
„Die WM durchführen zu dürfen, hat Katar zu einer Elite-Destination für die größten Fußballclubs der Welt gemacht. Aber der Weltfußball darf nicht wegschauen, wenn es zu Missbräuchen kommt“, sagt Salil Shetty. „Wenn die neue Führung der FIFA wirklich ein neues Kapitel aufschlagen will, kann sie nicht ihren größten Prestigeanlass auf der Ausbeutung von Arbeitsmigranten aufbauen. Es ist Zeit, dass die Größen des Weltfußball, Top-Verbände wie Bayern München oder PSG oder die Sponsoren Stellung beziehen.“