© David Levenson/Getty Images
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presse

Julian Assange: Auslieferungsverfahren stoppen und Meinungsfreiheit schützen

7. September 2020

Zusammenfassung

  • Gemeinsam für Julian Assange: Amnesty-Vertreter*innen überreichen diese Woche weltweit rund 400.000 Unterstützungserklärungen an US-Botschaften – davon 22.941 Unterschriften aus Österreich
  • Angriff auf Meinungsfreiheit & Gefahr für Informationsfreiheit: US-Behörden müssen die Anklagen gegen Julian Assange fallenlassen
  • Amnesty-Beobachter bei der Auslieferungsanhörung in London vor Ort, Updates unter @sebelgueta und @StefSimanowitz

Gemeinsam mit rund 400.000 Unterstützer*innen auf der ganzen Welt fordert Amnesty International die US-Behörden auf, die gegen Julian Assange erhobenen Anklagen fallenzulassen: Diese Woche überreichen Amnesty-Vertreter*innen weltweit 391.573 Unterschriften an US-Botschaften – davon stammen 22.941 Unterschriften aus Österreich, die morgen, Dienstag, der US-Botschaft in Wien überreicht werden.

„Diese Anhörung ist die jüngste besorgniserregende Attacke in einem großangelegten Angriff gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung. Die Auslieferung von Julian Assange könnte weitreichende Auswirkungen auf unsere Menschenrechte haben und den Schutz von Personen gefährden, die im Namen des öffentlichen Interesses geheime Informationen veröffentlichen. Wir überreichen daher diese Woche in einer ersten Zwischenübergabe die Unterschriften von Hunderttausenden Unterstützer*innen auf der ganzen Welt, um den Druck auf die Behörden in dieser wichtigen Verhandlungswoche aufrechtzuerhalten. Auch nach den aktuellen Anhörungen werden wir weiter gemeinsam für Julian Assange mobilisieren und das Verfahren gegen ihn beobachten“, sagt Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich.

Die Auslieferungsanhörung von Julian Assange wird heute, am 7. September, vor dem Zentralen Strafgerichtshof (Old Bailey) in London wieder aufgenommen und könnte mehrere Wochen andauern.

Gegenstand ist der Antrag der US-Regierung auf die Auslieferung des WikiLeaks-Gründers an die USA, wo ihm bis zu 175 Jahre Haft drohen, weil er Unterlagen veröffentlicht hat, die auf mögliche Kriegsverbrechen der US-Armee hindeuten. Amnesty International fordert die US-Behörden auf, die gegen Julian Assange wegen der Veröffentlichung von Dokumenten erhobenen Anklagen fallenzulassen. Von Großbritannien fordert die Menschenrechtsorganisation die Ablehnung des US-amerikanischen Auslieferungsantrags. Amnesty International wird auch nach der Übergabe weiter für Julian Assange mobilisieren und das Verfahren beobachten.

Wir überreichen diese Woche in einer ersten Zwischenübergabe die Unterschriften von Hunderttausenden Unterstützer*innen auf der ganzen Welt, um den Druck auf die Behörden in dieser wichtigen Verhandlungswoche aufrechtzuerhalten.

Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich

Der Auslieferungsantrag der USA gegen Julian Assange beruht auf Anklagen, die direkt auf die Veröffentlichung von geheimen Dokumenten im Rahmen seiner journalistischen Arbeit mit WikiLeaks zurückzuführen sind. Die Veröffentlichung derartiger Informationen ist ein Grundstein der Medienfreiheit und des Rechts auf Zugang zu Informationen von öffentlichem Interesse. Diese Aktivitäten sind daher zu schützen und nicht zu kriminalisieren.

„Wenn Julian Assange strafrechtlich verfolgt wird, könnte dies in weiterer Folge auch das Recht auf Informationsfreiheit von uns allen beeinträchtigen. Etwa wenn Verleger*innen und Journalist*innen aus Furcht vor Vergeltungsmaßnahmen Selbstzensur betreiben“, sagt Annemarie Schlack.

Gezielte Kampagne gegen Julian Assange

In den USA wurde auf höchster Regierungsebene eine gezielte Kampagne gegen den WikiLeaks-Gründer geführt, wodurch sein Recht auf Unschuldsvermutung stark untergraben wurde und er Gefahr läuft, kein faires Gerichtsverfahren zu erhalten, kritisiert Nils Muižnieks, Europadirektor bei Amnesty International: „Die britische Regierung muss ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommen und darf Personen nicht an ein Land ausliefern, in dem ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen drohen würden.“

COVID-19: Sorge um körperliche & geistige Gesundheit

Amnesty International ist zusätzlich besorgt um die körperliche und geistige Gesundheit von Julian Assange, insbesondere vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie. Die Bedingungen in britischen Gefängnissen und Hafteinrichtungen sind unzulänglich. Britische Behörden müssen dringend Regeln für Sicherheit und Gesundheitsschutz umgesetzen, um das Risiko einer Ansteckung mit COVID-19 zu reduzieren, fordert Amnesty.

Hierbei ist darauf zu achten, dass die Rechte der Gefangenen und Inhaftierten gewahrt werden. Britische Behörden sollten Gefangene bzw. Inhaftierte, die schwere Vorerkrankungen aufweisen und daher einem besonderen Risiko ausgesetzt sind – wenn möglich – auf Kaution freilassen oder gänzlich aus der Haft entlassen.

Hintergrund

In den USA könnte Julian Assange auf der Grundlage von 18 Anklagen vor Gericht gestellt werden. 17 dieser Anklagepunkte werden unter dem Spionagegesetz (Espionage Act) und einer unter dem Cybergesetz (Computer Fraud and Abuse Act) erhoben. Darüber hinaus könnten ihm schwere Menschenrechtsverletzungen drohen wie zum Beispiel Haftbedingungen, die Folter und anderer Misshandlung gleichkommen. Dies schließt verlängerte Einzelhaft mit ein. Julian Assange ist der erste Verleger, der sich wegen Anklagen unter dem Spionagegesetz verantworten muss.