Beide wurden nach mehrmonatiger Isolationshaft, Folter und grob unfairen Gerichtsverfahren zu zehn Jahren Haft verurteilt. Im berüchtigten Evin-Gefängnis inhaftiert, leiden sie unter schweren gesundheitlichen Problemen. Eine angemessene medizinische Versorgung wird ihnen von den iranischen Behörden weiterhin verweigert.
Ihre Angehörigen sprechen bereits seit längerem von Geiselhaft und haben erst vor kurzem gemeinsam mit anderen Betroffenen in einem offenen Brief den österreichischen Außenminister Schallenberg aufgefordert, diesbezüglich tätig zu werden.
In Anbetracht der aktuellen Erkenntnisse fordert Amnesty International nun alle betroffenen Nationalstaaten auf, weitere Fälle zu untersuchen, um festzustellen, ob es sich bei den willkürlichen Festnahmen um eine Verletzung des Übereinkommens gegen Geiselnahme handelt, und entsprechend zu handeln.
Doppelstaatbürger*innen als politische Druckmittel
Amnesty International konnte in den Fällen von Nazanin Zaghari-Ratcliffe und Ahmadreza Djalali umfangreiches und detailliertes Beweismaterial zusammentragen, um ihre rechtswidrige Gefangenschaft im Einklang mit dem Internationalen Übereinkommen gegen Geiselnahme zu analysieren. In beiden Fällen, so stellte Amnesty International fest, handelt es sich um Geiselnahme durch den iranischen Staat.
Die britisch-iranische Staatsbürgerin Nazanin Zaghari-Ratcliffe wurde im März 2022 nach jahrelangen, intensiven Verhandlungen zwischen Großbritannien und dem Iran freigelassen. Ihre Inhaftierung stand im Zusammenhang mit einem langjährigen Schuldenstreit zwischen dem Vereinigten Königreich und dem Iran, bei dem Zaghari-Ratcliffe von iranischer Seite als Druckmittel eingesetzt wurde. Sie wurde nach sechs Jahren willkürlicher Inhaftierung freigelassen, als die britische Regierung zustimmte, dem Iran 393,8 Millionen Pfund zu zahlen.
Auch im Fall von Ahmadreza Djalali, einem schwedisch-iranischen Staatsbürger, hat Amnesty International Beweise dafür gesammelt, dass die iranischen Behörden ihn als Geisel halten. Die iranischen Behörden drohen mit seiner Hinrichtung, um Schweden und Belgien zu zwingen, zwei inhaftierte ehemalige iranische Beamte auszuliefern sowie andere Staaten von zukünftigen Strafverfolgungen gegen iranische Beamt*innen abzuhalten.
Geiselnahme verpflichtet Staaten zu handeln
Die iranischen Behörden begangen in mindestens zwei Fällen das Verbrechen der Geiselnahme. Eine solche Geiselnahme ist ein Verbrechen nach internationalem Recht, einschließlich des Internationalen Übereinkommens gegen Geiselnahme von 1979, dem auch der Iran beigetreten ist.
Angesichts der anhaltenden Besorgnis über die Praxis der iranischen Behörden, inhaftierte Doppelstaatsangehörige und ausländische Staatsangehörige als Druckmittel zu verwenden, müssen alle Staaten, deren Staatsangehörige im Iran inhaftiert sind, dringend Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass alle derartigen Fälle unverzüglich gemäß dem Internationalen Übereinkommen gegen Geiselnahme von 1979 überprüft werden.
Wenn festgestellt wird, dass eine Geiselnahme stattgefunden hat, müssen alle geeigneten Maßnahmen ergriffen werden, um die betroffenen Geiseln zu schützen und ihre Freilassung sicherzustellen.
Alle iranischen Beamt*innen, die im begründeten Verdacht stehen, für das Verbrechen der Geiselnahme verantwortlich zu sein, müssen in fairen und transparenten Strafverfahren zur Rechenschaft gezogen werden.
Da der Freiheitsentzug einer Person nach der Verhaftung jederzeit in eine Geiselnahme umschlagen kann, müssen die Staaten für eine regelmäßige Überprüfung solcher Fälle sorgen.
Amnesty International fordert die iranischen Behörden erneut auf, alle Personen, einschließlich derjenigen mit doppelter oder ausländischer Staatsangehörigkeit, die willkürlich allein wegen der friedlichen Ausübung ihrer Menschenrechte oder allein aufgrund ihres Status inhaftiert wurden, unverzüglich und bedingungslos freizulassen. Für die Gewalt, der sie ausgesetzt waren, steht ihnen eine angemessene Entschädigung zu.