Amnesty: „Durchlagender Sieg der Zivilgesellschaft“
"Das Scheitern der Einschüchterungsklage des ICMPD gegen SOS Balkanroute und Petar Rosandić ist ein durchschlagender Sieg für die österreichische Zivilgesellschaft. Dieser Erfolg bedeutet aber auch einen Aufruf zum Handeln: Die österreichische Regierung muss nun wirksame Maßnahmen ergreifen, um ähnliche Einschüchterungsklagen in Schnellverfahren rasch abzuweisen“, kommentiert Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich.
Windhager: „Sternstunde der Justiz“
„Auch das Handelsgericht Wien hat erkannt, dass es sich bei Fragen der Migration um eine äußerst grundrechtsinvasive Thematik handelt, weil es oft um Leben und Tod geht. Wenn es Indizien dafür gibt, dass die EU und/oder Regierungen der Mitgliedsstaaten geltendes Recht missachten, dann bedarf es dringend der öffentlichen Kritik, die nicht mit einer SLAPP-Klage abgedreht werden darf,“ sagt Maria Windhager, Anwältin von Rosandić und SOS Balkanroute.
asylkoordination: „Steuergeldförderungen für ICMPD müssen auf Prüfstand“
„Die ohnehin umstrittene Organisation ICMPD hat sich durch ihr aussichtslose Einschüchterungsklage vollkommen disqualifiziert und ihre Reputation weiter beschädigt,“ kommentiert Lukas Gahleitner-Gertz, Sprecher der asylkoordination österreich, und fordert Konsequenzen. „Eine Organisation, die laut rechtskräftigem Urteil durch ihre widersprüchlichen Angaben und Verhalten zum öffentlichen Misstrauen im ohnehin heiklen Migrationsbereich beiträgt, kann kein vertrauenswürdiger Empfänger von Steuergeld sein. Die öffentlichen Förderungen für ICMPD müssen dringend auf den Prüfstand, die österreichische Regierung kann hier nicht so tun als ob nichts passiert wäre,“ fordert Gahleitner-Gertz zur Transparenz und Kontrolle der Verwendung von Steuergeld auf.
„Niederlage der Festung Europa“
„Das Urteil hat alle Zweifel und Nebelgranaten aus dem Weg geräumt. Die Festung Europa ist für Menschen auf der Flucht heute ein rechtsfreier Raum, in dem illegale Gefängnisse, staatlich organisierte illegale Grenzgewalt und eklatante Menschenrechtsbrüche zum Alltag gehören. Dass wir das vor einem österreichischen Gericht beweisen konnten, ist ein wichtiger Erfolg, genauso wie die Verhinderung der Inbetriebnahme des illegalen Gefängnisses in Lipa“, sagt Petar Rosandić, Gründer der SOS Balkanroute.
Das mit 500.000 Euro EU-Steuergeldern finanzierte Gefängnis im bosnischen Camp Lipa wurde im Mai vom ICMPD an das bosnische Sicherheitsministerium übergeben, aber in Betrieb gehen wird es nicht. „Dieses Objekt brauchenwir nicht“, erklärte Žarko Laketa, Chef der für Lipa zuständigen Ausländerbehörde im Sicherheitsministerium, gegenüber dem Balkan-CNN-Sender "N1". Auch der bosnische Menschenrechtsminister Sevlid Hurtić zeigte sich mit dem Urteil zufrieden und sprach von „der erfolgreichen Verteidigung der Menschenrechte“.
„Die Festung fällt und wird weiter fallen“
„Vor Ort sind wir Zeugen, wie die Festung Europa jeden Tag einstürzt, nämlich dann, wenn Menschen einfach Menschen bleiben wollen. Die Situation vor Ort an den Außengrenzen ist anders, als die Architekten der Festung Europa sich das immer wieder vorstellen. In Kroatien ist es der Erzbischof in Rijeka, der die Menschen schützt, an der bosnisch-kroatischen Grenze sind es oft die Frauenvereine aus den Dörfern. Wichtig ist, dass wir alle gemeinsam nicht wegsehen, wachsam bleiben und immer wieder unsere Menschenrechte und unsere Menschenwürde verteidigen“, so Rosandiä abschließend.