Menschenrechtsverteidiger*innen aus 104 Ländern im Globalen Süden fordern ein Ende von Rassismus, der Einschränkung ihrer Arbeit und fehlendem Schutz durch die systematisch restriktive Vergabe von Visa für den Schengen-Raum. Ein neuer Bericht von Amnesty International namens Closing the door? How visa policies in Europe’s Schengen area fail human rights defenders dokumentiert, wie es Aktivist*innen erschwert wird, Kurzzeitvisa zu erhalten.
Amnesty International ruft die Schengen-Staaten dazu auf, das Recht auf Nichtdiskriminierung zu achten sowie strukturelle Barrieren endlich abzubauen. Bestehende gesetzliche Möglichkeiten zum besseren Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen müssen unverzüglich angewandt werden.
Schengen-Visa erlauben 90 Tage Aufenthalt und grenzüberschreitendes Reisen in den 29 Unterzeichnerstaaten des Schengener Abkommens. Fast alle Unterzeichner*innen sind auch Mitglied der Europäischen Union. Für Menschenrechtsverteidiger*innen aus aller Welt bieten die Visa die Möglichkeit, Austausch- und Weiterbildungsangebote in den Unterzeichnerstaaten wahrzunehmen und temporären Schutz vor Risiken und persönlichen Gefahren im Heimatland zu finden, um in Sicherheit die eigene Menschenrechtsarbeit voranzutreiben.
In der Praxis der Visa-Vergabe werden aber nicht alle Menschenrechtsverteidiger*innen gleich behandelt: Für 104 Länder zumeist aus Afrika und Asien gelten Restriktionen bei der Visavergabe, überproportional betroffen sind rassifizierte Gruppen wie Schwarze, Asiat*innen und Muslime. Auch Frauen, junge Aktivist*innen und Menschen mit Behinderung sind betroffen. Zu den Restriktionen bei der Vergabe gehören:
- eine begrenzte Anzahl von diplomatischen Vertretungen in den betroffenen Ländern, die es notwendig macht, für das Visum weite und möglicherweise gefährliche Reisen auf sich zu nehmen,
- lange Wartezeiten bei der Terminvergabe und bis zur Entscheidungsverkündung,
- extra kurze Aufenthaltserlaubnisse,
- hohe bürokratische Auflagen, etwa die Forderung, umfassend Nachweise über Einkommen, Besitz, Anstellung und die eigene Familienherkunft erbringen zu können und
- die Ablehnung von Visaanträgen.