Weltweit sind mehr als 11 Millionen Menschen weltweit inhaftiert. Das volle Ausmaß der COVID-19-Infektionen und der damit verbundenen Todesfälle in Gefängnissen ist schwer einzuschätzen, da Regierungen es versäumt haben, aktuelle und verlässliche Informationen öffentlich zur Verfügung zu stellen. Die verfügbaren Daten zeigen jedoch besorgniserregende Muster von COVID-19-Infektionen in Gefängnissen auf der ganzen Welt.
Systemische Herausforderungen und Menschenrechtsverletzungen
Die Recherchen von Amnesty belegen, dass Gefängnisse in vielen Ländern der Welt zu Brutstätten der Krankheit werden können: Viele Insass*innen haben Schwierigkeiten, Zugang zu Seife, angemessenen sanitären Einrichtungen oder persönlicher Schutzausrüstung zu bekommen. Die Einhaltung von Abstandsregeln ist nur schwer möglich und den Menschen steht oft nur begrenzte medizinische Versorgung zur Verfügung.
Während Gefängnisse weltweit mit systemischen Herausforderungen konfrontiert waren, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, führten Kontrollmaßnahmen, um das Virus einzudämmen, auch zu schweren Menschenrechtsverletzungen. Dazu zählt der Einsatz von exzessiver Einzelhaft, um die soziale Distanzierung zu unterstützen, und unzureichende Maßnahmen, um die negativen Auswirkungen von Isolationshaft zu reduzieren.
Überbelegung & unzureichende Schutzmaßnahmen
Länder wie Kambodscha, Frankreich, Pakistan, Sri Lanka, Togo und die USA waren nicht in der Lage, angemessene Präventiv- und Schutzmaßnahmen in Gefängnissen zu ergreifen, um die Verbreitung von COVID-19 einzudämmen, zeigen die Recherchen von Amnesty.
„Viele Länder mit einer gefährlich hohen Überbelegung in Gefängnissen, wie Bulgarien, Ägypten, die Demokratische Republik Kongo und Nepal, haben es versäumt, sich mit möglichen COVID-19-Ausbrüchen auseinanderzusetzen. In anderen Ländern, wie dem Iran und der Türkei, wurden Hunderte von willkürlich inhaftierten Gefangenen, darunter auch Menschenrechtsverteidiger*innen, von COVID-19-bedingten Freilassungen ausgeschlossen”, sagt Netsanet Belay, und sagt weiter:
„Egal, wer man ist oder wo man sich befindet: Alle Menschen verdienen Zugang zu Gesichtsmasken, ausreichenden Mengen an Seife, Desinfektionsmitteln und sauberem fließendem Wasser. Besonders in Gefängnissen muss persönliche Schutzausrüstung kostenlos zur Verfügung gestellt werden und die Regierungen müssen den Zugang zu COVID-19-Tests und -Behandlungen verbessern, um mögliche Ausbrüche zu verhindern und zu bewältigen.”
Hintergrund
Der Bericht „Forgotten behind Bars. COVID-19 in prisons” erscheint im Zuge der weltweiten Kampagne „Eine faire Dosis”: Jeder Mensch, egal, wo auf der Welt, muss fairen Zugang zu COVID-19-Impfstoffen haben. Amnesty International fordert die Staaten auf, bei der Entwicklung von Impfstrategien und -plänen Inhaftierte nicht zu diskriminieren. Darüber hinaus müssen Staaten alle Anstrengungen unternehmen, um Gefangene in ihren nationalen Impfplänen vorrangig zu behandeln – insbesondere angesichts der Tatsache, dass die eingeschränkten räumlichen Bedingungen in Gefängnissen keine körperliche Distanz zulassen. Staaten müssen auch sicherzustellen, dass diejenigen, die ein besonders hohes Risiko für COVID-19 haben (wie z. B. ältere Gefangene und solche mit chronischen Erkrankungen), bei der Impfung gleichrangig mit Vergleichsgruppen in der Allgemeinbevölkerung behandelt werden.