Ägypten: massiver Anstieg
Ein anderes Bild zeigt sich in Ländern des Nahen Ostens: In Ägypten stieg die Zahl der erfassten Todesurteile gegenüber 2016 um etwa 70 % an. Aktuell setzt sich Amnesty International für Abu Zeid, besser bekannt als Shawkan, ein: Dem Fotografen droht aktuell die Todesstrafe. Am 14. August 2013 hatte er eine Demonstration auf dem Rabaa-al-Adawiya-Platz in Kairo fotografiert, bei der mehr als 1.000 Menschen starben.
Und auch wenn die Zahl der Länder, in denen Hinrichtungen vollstreckt wurden, gegenüber dem Vorjahr insgesamt unverändert blieb: In Bahrain, Jordanien, Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten wurden wieder Todesurteile vollstreckt, nachdem Hinrichtungen dort für eine gewisse Zeit ausgesetzt waren.
Iran bis Japan: Verstöße gegen Völkerrecht
Im Iran wurden mindestens fünf Menschen hingerichtet, die – als sie die Straftat begangen haben – unter 18 Jahre alt waren. Mindestens 80 weitere Menschen warteten in der Todeszelle auf ihre Hinrichtung.
In Japan, Pakistan, Singapur und den USA sowie auf den Malediven wurden Menschen mit geistiger Behinderung zum Tode verurteilt und hingerichtet.
In Bahrain, China und Saudi-Arabien sowie im Iran und Irak dokumentierte Amnesty International mehrere Fälle von Menschen, denen die Todesstrafe drohte, weil sie unter Folter oder anderer Misshandlung Straftaten „gestanden“ hatten. Im Iran und im Irak wurden einige dieser „Geständnisse“ sogar live im Fernsehen übertragen.
Sub-Sahara: große Fortschritte
In den Staaten südlich der Sahara hingegen wurden letztes Jahr große Fortschritte bei den Bemühungen zur Abschaffung der Todesstrafe erzielt: Die Zahl der in der Region verhängten Todesurteile ist erheblich zurückgegangen.
Guinea beispielsweise hat die Todesstrafe als 20. afrikanisches Land südlich der Sahara für alle Straftaten abgeschafft; auch in Kenia wird Mord nicht mehr mit dem Tod bestraft. Burkina Faso und Tschad haben ebenfalls Maßnahmen ergriffen, um der Anwendung der Todesstrafe mit neuen Gesetzen und Gesetzesvorlagen entgegenzuwirken.
„In der gesamten Region arbeiten Regierungen daran, die Anwendung der Todesstrafe zu reduzieren oder ganz zu verbieten. Die Länder, die jetzt noch Todesurteile aussprechen und vollstrecken, sind in einer zunehmend isolierten Position. Es ist an der Zeit, dass der Rest der Welt sich ein Beispiel nimmt und diese verabscheuungswürdige Art der Bestrafung für immer hinter sich lässt“, sagt Schlack.
Überblick: Todesstrafen-Statistik 2017
Weltweit befinden sich mindestens 21.919 Menschen im Todestrakt. Amnesty International erfasste im Jahr 2017 mindestens 993 Hinrichtungen in 23 Ländern. Das ist ein Rückgang um 4 % seit 2016 (1.032 Hinrichtungen) und um 39 % seit 2015 (1.634 Hinrichtungen, die höchste Zahl seit 1989). Selbst Länder, die die Todesstrafe an sich befürworten, haben bedeutende Maßnahmen ergriffen, um ihre Anwendung zu reduzieren.
2017 wurden mindestens 2.591 Todesurteile in 53 Ländern dokumentiert, ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum Rekordhoch von 3.117 Todesurteilen im Jahr 2016. Nach wie vor können die verhängten Todesurteile und vollstreckten Hinrichtungen in China nicht mitgezählt werden, da diese Daten nicht öffentlich zugänglich sind.
Amnesty International hat einen Rückgang in der Anzahl der Staaten südlich der Sahara dokumentiert, die derzeit Todesurteile vollstrecken: 2016 waren es noch fünf, 2017 lediglich zwei Länder, nämlich Südsudan und Somalia. Allerdings gibt es Berichte, dass 2018 in Botswana und im Sudan die Vollstreckung von Todesurteilen wieder aufgenommen wurde. Dies darf jedoch nicht von den positiven Entwicklungen in anderen Ländern der Region ablenken.
Zwei Länder – Guinea und die Mongolei – haben 2017 die Todesstrafe für alle Straftaten abgeschafft. Damit haben bis zum Jahresende 2017 106 Länder die Todesstrafe vollständig abgeschafft. 7 weitere Staaten sehen die Todesstrafe nur noch für außergewöhnliche Straftaten wie etwa Kriegsverbrechen oder Vergehen nach Militärrecht vor; und 29 Staaten haben die Todesstrafe in der Praxis, aber nicht im Gesetz abgeschafft.
Somit wenden momentan insgesamt 142 Staaten die Todesstrafe nicht mehr an.
Nur 23 Länder wenden aktuell noch die Todesstrafe an – diese Zahl ist gegenüber dem Jahr 2016 unverändert, trotz der Tatsache, dass in einigen Staaten wieder mit dem Vollstrecken von Todesurteilen begonnen wurde, nachdem Hinrichtungen für eine gewisse Zeit ausgesetzt waren.
Hintergrund
Amnesty International wendet sich in allen Fällen ausnahmslos gegen die Todesstrafe, unabhängig von der beschuldigten Person, des Verbrechens, der Schuld oder Unschuld des Verurteilten oder der gewählten Hinrichtungsmethode.