Ziel verfehlt
Der Entwurf des Anti-Gesichtsverhüllungsverbots – das in den Medien fälschlicherweise häufig auch Kopftuchverbot genannt wird – verbietet Kleidungsstücke oder Gegenstände an öffentlichen Plätzen oder Gebäuden, die das Gesicht verhüllen. Wer dieses Verbot missachtet, muss mit einer Verwaltungsstrafe von 150 Euro rechnen. Laut Gesetzestext sollen dadurch die Integration erleichtert und die Teilhabe am gesellschaftlichen Zusammenleben gestärkt werden.
Tatsächlich ist es äußerst fraglich, ob diese Ziele erreicht werden können, kritisiert Amnesty International. Konkret sieht der Gesetzestext zahlreiche Ausnahmen vom Verbot vor – beispielsweise Kostümierungen, oder eine Verhüllung aus medizinischen oder beruflichen Gründen. In der Praxis wird das Verbot vor allem jene wenige Frauen treffen, die sich aus religiöser Überzeugung verhüllen. Für Amnesty International geht das Gesetz am eigentlichen Problem vorbei. Schlack: „Staaten haben eine Verpflichtung, Gleichberechtigung zu fördern. Gleichzeitig müssen sie das Recht auf freie Religionsausübung sowie freie Meinungsäußerung für jeden Menschen garantieren. Das beinhaltet auch das Recht, sich so zu kleiden, wie frau möchte.“ Eine Einschränkung dieser grundlegenden Rechte ist nur dann verhältnismäßig und menschenrechtskonform, wenn diese klar eingegrenzt und bestimmt sind – beispielsweise, um die öffentliche Sicherheit oder Ordnung herzustellen.
Der vorliegende Gesetzestext wird diesen Vorgaben allerdings nicht einmal ansatzweise gerecht, heißt es in der Stellungnahme. Dem österreichischen Staat stehen bereits ausreichend angemessene Mittel zur Verfügung, um Frauen zu schützen, die zum Tragen von religiöser Kleidung gezwungen werden. Im Vordergrund muss deshalb immer der Dialog stehen. „Es gibt gute Gründe, das Konzept der Verschleierung zu kritisieren“, sagt Schlack. „Trotzdem darf der Staat – egal ob Österreich oder Saudi Arabien – nicht entscheiden, wie und welche Kleidung wir Frauen in der Öffentlichkeit tragen.“