„Die internationale Gemeinschaft darf sich nicht von Ägyptens Versuchen täuschen lassen, das Ausmaß der Menschenrechtskrise in dem Land zu verbergen. Sie muss stattdessen öffentlich und privat Druck auf die ägyptischen Behörden ausüben, damit diese sinnvollen Schritte unternehmen, um den Kreislauf von Missbrauch und Straflosigkeit zu beenden, angefangen bei der Freilassung der Tausenden von Kritiker*innen und Oppositionellen, die willkürlich in ägyptischen Gefängnissen festgehalten werden, über die Lockerung der Kontrolle der Zivilgesellschaft bis hin zur Zulassung friedlicher Proteste.“
Hintergrund
Ägypten ist Gastgeber der UN-Klimakonferenz COP27, die im November 2022 in Sharm El-Sheikh stattfinden wird. Umwelt- und Menschenrechtsgruppen haben Bedenken geäußert, dass die Proteste auf "ausgewiesene Gebiete" beschränkt werden und die ägyptische Zivilgesellschaft nicht in der Lage sein wird, sich ohne Angst vor Repressalien zu beteiligen.
Seit der Einführung der Nationalen Menschenrechtsstrategie (NHRS) haben die ägyptischen Behörden in der Öffentlichkeit und bei Treffen mit anderen Regierungen immer wieder auf diese Strategie verwiesen, um ihr Engagement für die Menschenrechte unter Beweis zu stellen.
Die auf fünf Jahre angelegte Strategie wurde von der Regierung ohne Konsultation unabhängiger Menschenrechtsorganisationen oder Beteiligung der Öffentlichkeit ausgearbeitet und zeichnet ein zutiefst irreführendes Bild der Menschenrechtskrise in Ägypten. Sie spricht die Behörden von jeglicher Verantwortung frei und schiebt Menschenrechtsverletzungen auf Sicherheitsbedrohungen, wirtschaftliche Herausforderungen und auf die ägyptische Bevölkerung, die ihre Rechte „nicht versteht“ und „nicht wahrnimmt“.
In der Strategie wird die katastrophale Entwicklung seit der Machtübernahme durch Präsident Abdel Fattah al-Sisi im Jahr 2013 ignoriert. Tausende werden nach wie vor willkürlich inhaftiert oder zu Unrecht verfolgt. Allein in den letzten zwei Jahren sind Dutzende von Menschen im Gefängnis gestorben, nachdem ihnen bewusst die medizinische Versorgung verweigert wurde und sie unter grausamen und unmenschlichen Bedingungen inhaftiert waren.
In den letzten Monaten wurden in positiven, wenn auch sehr kleinen Schritten Dutzende politische Gefangene freigelassen. Die Behörden nehmen jedoch weiterhin willkürlich zahlreiche andere Kritiker*innen und Oppositionelle fest, während viele der Freigelassenen mit einem Reiseverbot belegt sind.
Seit 2013 haben die Behörden außerdem Hunderte von Websites zensiert, Razzien bei unabhängigen Medien durchgeführt und diese geschlossen sowie Dutzende von Journalist*innen inhaftiert, die sich kritisch geäußert oder schlicht ihren Beruf ausgeübt haben.