Bisherige Regelung aufgehoben, neuer Vorschlag ebenfalls bedenklich
Amnesty International Österreich hat am 8. November 2021 nach Konsultation mit der Asyl- und Fremdenrechtsexpertin Dr.in Lioba Kasper eine Stellungnahme zum Ministerialentwurf des Bundeskanzleramtes hinsichtlich der Wiedereinführung der Beugehaft im Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 abgegeben.
Die bisherige Regelung der Beugehaft im Verwaltungsvollstreckungsgesetz wurde vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben, da für die Beugehaft keine maximale Dauer normiert war und auch kein ausreichender Rechtsschutz bestand. Mit dem gegenständlichen Ministerialentwurf sollen die Beugehaft wiedereingeführt, eine höchstzulässige Gesamtdauer der Beugehaft festgelegt und ein neues, erweitertes Rechtsschutzinstrumentarium geschaffen werden. Aus Sicht von Amnesty International bestehen jedoch nach wie vor menschenrechtliche Bedenken hinsichtlich der Höchsthaftdauer und des bestehenden Rechtsschutzmechanismus.
Zu lange Höchsthaftdauer & Unklarheit bei Anrechnung von Schubhaft
Der Entzug der persönlichen Freiheit ist eine der schärfsten und eingriffsintensivsten Maßnahmen, die einem Staat im Rahmen seines Gewaltmonopols zukommt, und stellt einen erheblichen Eingriff in eine Vielzahl von Menschenrechten dar. Aus diesem Grund müssen Staaten nicht nur Vorkehrungen treffen, dass Haft als letztes zur Verfügung stehende Mittel nur dann verhängt werden darf, wenn dies unbedingt notwendig ist – es muss auch sichergestellt werden, dass die Haft nicht länger als unbedingt erforderlich andauert.
Die mit dem gegenständlichen Ministerialentwurf vorgeschlagene höchstzulässige Gesamtdauer der Beugehaft von 12 Monaten erscheint vor dem Hintergrund entsprechender EU-rechtlicher Vorgaben zu lange. Im Sinne einer möglichst kurzen Dauer der Beugehaft wird daher empfohlen, die ausdrückliche Anwendung der unionsrechtlichen Vorgaben zu garantieren und die grundsätzliche Höchstdauer der Beugehaft auf sechs Monate zu beschränken. Weiters ist in der vorgeschlagenen Regelung völlig unklar, ob auch Zeiten der Anhaltung in Beugehaft auf die Höchsthaftdauer einer Schubhaft anzurechnen sind.