
Von der Ölquelle zur COP30
25. November 2025 | Von Leonela MoncayoLeonela Moncayo war bei der COP-Klimakonferenz, um von der ecuadorianischen Regierung das Ende umweltschädlichen Gas-Abfackelns zu fordern.
Ich bin im ecuadorianischen Amazonas geboren. Mein Haus steht direkt vor einer Ölquelle. Während andere Mädchen zwischen Bergen oder Parks aufwuchsen, wuchs ich mit Feuermonstern auf. Mein Panorama war kein Sonnenaufgang über den Bäumen, sondern die Flamme einer immer brennenden Gasfackel.
Seit ich denken kann, riecht die Luft nach Rauch. Manchmal, beim Spielen, hat es nach verbranntem Plastik gerochen. Meine Freund*innen und ich hielten das für normal, glaubten, so würde der Wald riechen. Mit der Zeit verstand ich: Das ist nicht natürlich. Das ist Umweltverschmutzung.
Schon als Kind habe ich gesehen, wie die Ölförderung der Natur schadet und ihre Schönheit von Pflanzen, Tieren und Gewässern zerstört. Ich habe auch gesehen, wie Menschen aus meiner Community und aus meiner Familie krank werden. Was am meisten weh tut, ist das Gefühl, dass niemand Verantwortung dafür übernommen hat, so viel Leid anzurichten.
Leonela Moncayo

Leonela Moncayo ist eine der jungen Frauen und Mädchen (Guerreras por la Amazonía) die den ecuadorischen Staat verklagt haben. Sie verlangen von der Regierung, dass das Abfackeln von Gas der staatlichen Ölindustrie beendet wird.
Fordere Schutz für die Guerreras!
In der Nähe einer Ölquelle zu leben, verändert dein Leben.
Ich erinnere mich, wie ich mit 11 Jahren bei einer Tour war, die wir „giftige Tour“ nannten. Organisiert von der Vereinigung der von den Ölförderaktivitäten von Texaco betroffenen Menschen (UDAPT) sollte die Tour die Auswirkungen der Ölförderung zeigen.
Ich stand unter einer Gasfackel, die Gase freisetzt, welche unsere Atmosphäre aufheizen – wie Methan, das 84-mal mehr Wärme speichert als CO₂. Ich sah auf den Boden und spürte einen Stich in der Brust: da waren tausende tote, verkohlte Insekten. Kleine leblose Körper. Da wusste ich: Ich muss etwas tun.
Leonela Moncayo
Mit anderen Mädchen und jungen Menschen beschlossen wir, uns zu organisieren. Mit Unterstützung der UDAPT und des Kollektivs Eliminen los Mecheros, Enciendan la Vida (Schaltet die Fackeln ab, Entfacht das Leben) verklagten wir den ecuadorianischen Staat, damit die Gasfackeln der staatlichen Erdölindustrie abgedreht und unsere Rechte geschützt werden. Und wir haben gewonnen: Das Gericht verpflichtete den Staat, diese riesigen Flammen auszumachen.
Wir waren Mädchen, keine Expertinnen. Aber wir hatten etwas Stärkeres als alles andere: wir hatten die Wahrheit. Das Gericht hat sie anerkannt. Doch ein Urteil zu haben brachte nicht automatisch Gerechtigkeit.
Bis heute brennen die Fackeln weiter.
Als junge Frauen die Natur zu verteidigen, hat Folgen. Wenn wir der Welt das wahre Bild der Verschmutzung und der Verletzung von Menschen- und Naturrechten zeigen wollen, ernten wir zuerst Kritik. Viele wollen nicht, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Und es ist schlimmer weil wir minderjährig sind. Man sagt uns ständig, wir würden von Erwachsenen manipuliert oder würden nur einen Trotzanfall haben.
Mehrere Male haben Polizist*innen und Militärangehörige – auf Anweisung der Regierung – Straßen blockiert, um uns daran zu hindern, zu Treffen mit Behörden zu gelangen.
Im Februar 2024 wurden meine Familie und ich Opfer eines Angriffs. Die Angreifenden warfen einen Sprengsatz in unseren Hauseingang. Es war ein Zettel dabei mit einer Botschaft, aber das Feuer verbrannte alles. Sie wollten mich mundtot machen.
Trotz Beleidigungen, staatlichen Blockaden und Gewalt bleiben wir stark, mutig und entschlossen, unsere Rechte und die der Natur zu verteidigen.
Denn wenn wir es nicht tun, wer dann?
Den Klimagipfel COP30 in Belém (Brasilien) zu besuchen heißt, der Welt zu sagen: Ihr könnt nicht von Klimaschutz reden, während der Amazonas weiterbrennt. Das ist die erste Amazonas-COP und das muss etwas bedeuten.
Ich bin nicht nach Belém gekommen, um Gefallen zu erbitten. Ich bin gekommen, um zu fordern, dass der ecuadorianische Staat das Urteil umsetzt. Ich bin auch gekommen, um alle Staaten daran zu erinnern, die Menschenrechte zu achten und dass Umwelt- und Klimaschutz keine Frage der Kosten ist: es ist die beste soziale und kulturelle Investition, die ein Staat tätigen kann.
Verschmutzung zu erlauben und Rechte zu verletzen zeigt nicht politische Stärke, sondern Gleichgültigkeit.
Indem sie Untätigkeit bei Klima und Umwelt zulassen, zerstören die Staats- und Regierungschefs – einschließlich der Ecuadors – menschliches Leben und das von tausenden Pflanzen- und Tierarten.
Im Amazonas leben Mädchen und junge Menschen, sowohl Mestizinnen als auch Indigene, die in den Medien meist nicht gehört werden. Aber wir haben eine Stimme und unser Feuer brennt stärker als jede Gasfackel.
Wir nennen uns Guerras por la Amazonía – Kämpferinnen für den Amazonas.
Wenn es uns gelingt, in allen Menschen Bewusstsein für die Bedeutung der Klimagerechtigkeit zu schaffen, können wir den Amazonas wiederherstellen. Wir können wieder aufforsten, Grünflächen zurückgewinnen, Tiere in ihre Lebensräume zurücklassen und sicherstellen, dass die Flüsse wieder sauberes Wasser haben.
Niemand kann uns zum Schweigen bringen oder zwingen, angesichts von Ungerechtigkeit still zu bleiben. Mut ist eine Fähigkeit, die wir durch unser Handeln aufbauen. Die Verteidigung unserer Rechte ist ein Schutzschild aus Kraft, den wir uns selbst schmieden. Jede Person kann ihren eigenen Schutzschild schaffen.
Wir alle haben diese Macht.
Mut ist eine Fähigkeit, die wir durch unser Handeln aufbauen. Wir alle haben diese Macht.
Leonela Moncayo



