Amnesty International fordert alle Regierungen mit Botschaften im Iran auf, unverzüglich hochrangige Beobachter*innen zu allen laufenden Prozessen zu entsenden, bei denen den Angeklagten ein Todesurteil droht. Laut den iranischen Behörden sind diese Prozesse öffentlich.
Drohende Todesurteile nach Protesten
Mohammad Ghobadlou, Saman Seydi (Yasin), Saeed Shirazi, Mohammad Boroughani, Abolfazl Mehri Hossein Hajilou und Mohsen Rezazadeh Gharagholou wird „Feindschaft zu Gott“ (moharebeh) und „Verdorbenheit auf Erden“ (efsad f’il arz) vorgeworfen. Die sechs Männer wurden an ein Revolutionsgericht in Teheran überstellt, wo ihnen als Gruppe der Prozess gemacht werden soll.
Drei weitere Männer – Sahand Nourmohammad-Zadeh, Mahan Sedarat Madani und Manouchehr Mehman-Navaz – stehen in getrennten Verfahren vor verschiedenen Revolutionsgerichten in Teheran. Ihnen werden verschiedene Straftaten vorgeworfen, die der Anschuldigung „Feindschaft zu Gott“ (moharebeh) gleichkommen. Die genannten Vorwürfe können im Iran mit dem Tod bestraft werden. In acht dieser Fälle werden den Angeklagten jedoch keine schweren Straftaten wie vorsätzliche Tötungen zur Last gelegt. Die Vorwürfe lauten vielmehr auf Vandalismus, Zerstörung von öffentlichem und/oder privatem Eigentum, Brandstiftung und Störung der öffentlichen Ordnung.
Elf weitere Personen werden wegen „Verdorbenheit auf Erden“ (efsad f’il arz) vor einem Revolutionsgericht in Karadsch (Provinz Alborz) angeklagt. Unter ihnen befindet sich auch der Arzt Hamid Ghare-Hasanlou und seine Frau Farzaneh Ghare-Hasanlou.
Nach Informationen von Amnesty International wurde auch der 26-jährige Parham Parvari im Zusammenhang mit den Protesten wegen „Feindschaft zu Gott“ (moharebeh) angeklagt. Der junge Mann gehört der kurdischen Minderheit im Iran an. Seine Familie gab an, dass er gewaltsam festgenommen wurde, als er auf seinem Heimweg von der Arbeit in Teheran an Protesten vorbeikam.
Unfaire Gerichtsverfahren
Amnesty International dokumentierte in den 21 untersuchten Fällen zahlreiche Verstöße gegen das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren. Angeklagten wurde das Recht auf einen selbstgewählten Rechtsbeistand verweigert, in anderen Fällen galt die Unschuldsvermutung nicht, oftmals wurde Angeklagten auch das Aussageverweigerungsrecht nicht zugestanden. Zudem werden die Betroffenen nicht vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt. Sie erhalten keinen uneingeschränkten Zugang zu relevanten Beweismitteln und auch keine faire, öffentliche Anhörung vor einem zuständigen, unabhängigen und unparteiischen Gericht.
Nach dem Völkerrecht verstößt die Verhängung der Todesstrafe nach einem unfairen Verfahren gegen das Recht auf Leben und das absolute Verbot von Folter und anderen Misshandlungen.
In einer Erklärung haben 227 der 290 iranischen Parlamentarier*innen die Justizbehörden aufgefordert, „keine Nachsicht“ mit den Demonstrierenden zu üben und dringend Todesurteile gegen sie zu verhängen. So soll anderen eine „Lehre“ erteilt werden. Auch der Leiter der Justizbehörden Gholamhossein Mohseni-Ejei forderte rasche Gerichtsverfahren und Bestrafungen, einschließlich Hinrichtungen.