„Viele Jesid*innen, die nach dem Zusammenbruch des Islamischen Staates irrtümlicherweise festgenommen wurden, sind im Nordosten Syriens unter schlimmen und lebensbedrohlichen Bedingungen auf unbestimmte Zeit inhaftiert. Diese Jesid*innen müssen freigelassen werden und die Unterstützung erhalten, die sie benötigen.“
Hunderte jesidischer Frauen und Kinder sollen sich im Gefangenenlager Al-Hol befinden, einige nach wie vor der Gefangenschaft, Versklavung oder anderem Missbrauch durch Mitglieder des Islamischen Staates ausgesetzt.
Eine unbekannte Zahl jesidischer Buben und junger jesidischer Männer, die als Minderjährige entführt wurden, sollen sich ebenfalls in einem Netz aus mindestens 27 Hafteinrichtungen befinden. Einigen wurde vom Islamischen Staat erzählt, dass ihre Familien ihnen etwas antun würden oder dass alle Angehörigen der jesidischen Gemeinschaft getötet wurden. Viele von ihnen war bei ihrer Entführung noch zu jung, um sich daran erinnern zu können, dass sie Jesid*innen sind.
Folter und unmenschliche Haftbedingungen im Lager Al-Hol
Die katastrophalen Bedingungen im Lager Al-Hol erfüllen die Kriterien einer grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung. Alle in Al-Hol inhaftierten Personen werden von den Autonomiebehörden auf unbestimmte Zeit ohne Anklage oder Verfahren festgehalten, zum Großteil mehr als fünf Jahre. Dies ist ein Verstoß gegen das Völkerrecht. Die Autonomiebehörden teilten Amnesty International mit, sie hätten Al-Hol nicht vollständig unter ihrer Kontrolle, und der Islamische Staat habe sich in dem Lager neu formiert.
Viele der in Al-Hol verbliebenen jesidischen Frauen und Mädchen haben infolge der sexualisierten Gewalt durch Angehörige des Islamischen Staats Kinder bekommen. Einige dieser Frauen fürchten aus gutem Grund, sie könnten gewaltsam von ihren Kindern getrennt werden, sobald sie identifiziert und in ihre Heimat zurückgebracht werden. Dies wäre ein Verstoß gegen internationale Menschenrechtsnormen. 2020 hat Amnesty International dokumentiert, dass jesidische Frauen nach ihrer Identifizierung in Al-Hol systematisch von ihren Kindern getrennt wurden. Jesidische Frauen laufen nach wie vor Gefahr, von Kindern, die das Resultat sexualisierter Gewalt sind, getrennt zu werden.
Amnesty International hat in den Hafteinrichtungen im Nordosten Syriens systematische Folter oder andere Misshandlungen dokumentiert und herausgefunden, dass in mindestens zwei Einrichtungen Hunderte von Männern und Jungen infolge von Folter und unmenschlichen Bedingungen gestorben sind.
Internationale Unterstützung dringend notwendig
Jesidische Aktivist*innen und Familienangehörige dürfen bei der Suche nach vermissten Jesid*innen nicht alleingelassen werden.